Woher der Wind weht
basellandschaftliche Zeitung, vorgestern 14.9.: zwei längere Artikel über das Projekt Sesam (als Bilder: bz-14-09-05-1 (gif, 120 KB) bz-14-09-05-2 (jpg, 192 KB)). Alexander Grob, stellvertretender Leiter des Projektes auf die Frage, wie damit umzugehen sei, dass die Kinder, deren Leben 20 Jahre lang durchleuchtet werden sollen, ihr Einverständnis nicht geben können:
"Der Punkt ist", sagt er, "dass wir davon ausgehen, dass die Eltern zum wohl des Kindes entscheiden." Würden die Kinder etwa gefragt, ob sie geimpft werden wollen? Würden die Eltern den Foetus fragen, ob sie während der Schwangerschaft rauchen und trinken dürfen? Und würden die Erwachsenen nicht etwa täglich mit der Einnahme der Pille über das Leben eines Kindes entscheiden?
Die Pilleneinnahme sehen als täglichen Mord am ungeborenen Kind? Ratzinger lässt grüssen! Die christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegner frohlocken und singen "Halleluja!", dass ein Mann von dieser Geisteshaltung, also mindestens implizit einer der ihren, Vizechef von Sesam ist. Es kommt aber noch besser. Nochmals die basellandschaftliche:
Ganz anderer Art sind die ethischen Fragen, die für die Forscher relevant sind. "Was tun, wenn wir bei einer Untersuchung etwa einen Gehirntumor entdecken?", fragt sich Grob. Für solche Fälle wird man sich absichern und die Teilnehmenden eine Erklärung unterschreiben lassen.
Der Onkel von Sesam stellt also fest, dass die kleine Anna einen Gehirntumor entwickelt. Was soll der Onkel jetzt tun? Eine ethische Frage? Soll er den Eltern nichts sagen und als Beobachter zurücktreten und fasziniert zuschauen, wie sich das Familiensystem entwickelt, wenn ein Gehirntumor unentdeckt bleibt (Eine interessante Fragestellung, Herr Kollega, tatsächlich!)? Die Eltern haben ja unterschrieben, dass sie die Sesam-Onkelz von jeglicher Informationspflicht entbinden. Oder soll der Sesamonkel die kleine Anna retten indem er die Eltern informiert über etwas, das nur aufgefallen ist, weil Anna regelmässig untersucht wird (regelmässiger als Nicht-Sesam-Kinder)? Damit würde der Sesamonkel Anna einen Vorteil verschaffen gegenüber den Nicht-Sesam-Kindern. Aber der Sesamonkel greift in das Experiment "Annas Leben" ein und macht so sein Setting kaputt. Was für ein perverses Dilemma!
Und nochmals aus der Zeitung:
"Wir machen keine tiefenpsychologischen Studien der einzelnen Personen", fasst Grob zusammen, "sondern sehen uns Ausschnitte aus dem Alltag an". Denn das Umfeld zeige immer mehr Wirkung auf die Entwicklung des Kindes. Ein Kind wachse zum Beispiel im Kleinbasel anders auf, als eines in Riehen, verdeutlicht Grob. Ob die Eltern in einem Einfamilienhaus wohnen oder in einem Wohnblock, könnte ebenfalls eine Rolle spielen. In einem Block könnten etliche Belastungsfaktoren wie lärmende Nachbarn oder bellende Hunde dazukommen und ein Kleinkind vermehrt zum Schreien bringen.
Ich kenn das Resultat von Grobs vergleichender Studie über von bellenden Hunden und krakeelenden Nachbarn gestörte Kleinbasler BlockKidz einerseits und in sozialer Isolation gestillte, in Stoffwindeln gepackte Riehener Schuhschachtel-Kinder andererseits schon heute: Nur die Kleinfamilie im Reiheneinfamilienhaus garantiert die gemäss "SESAM-Standard 2026" als gesund geltende Normalbiographie des Sprösslings. Denn um die Definition von "gesund" geht es ziemlich explizit:
Gewisse so genannte Risikofaktoren haben ebenfalls - manchmal positiven, in anderen Fällen negativen - Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes und sollen genau studiert werden. Wie Grob erläutert, können dies Kindergarten- oder Schuleintritte, Wohnortswechsel, die Trennung der Eltern oder der Tod einer nahen Person sein. " Die Wissenschaft hat kaum Erkenntnisse darüber, was passiert, wenn sich solche Faktoren summieren", meint er. Solche Erkenntnisse soll Sesam liefern, damit die Frage "Was macht uns gesund?" beantwortet werden kann.
Was passiert mit der kleinen Anna, wenn während des Zügelns kurz vor dem Schuleintritt die Eltern sich scheiden lassen nach dem Tod der geliebten Grossmutter? Ein Fragestellung, die unbedingt der wissenschaftlichen Klärung bedarf, ganz offensichtlich!
"Der Punkt ist", sagt er, "dass wir davon ausgehen, dass die Eltern zum wohl des Kindes entscheiden." Würden die Kinder etwa gefragt, ob sie geimpft werden wollen? Würden die Eltern den Foetus fragen, ob sie während der Schwangerschaft rauchen und trinken dürfen? Und würden die Erwachsenen nicht etwa täglich mit der Einnahme der Pille über das Leben eines Kindes entscheiden?
Die Pilleneinnahme sehen als täglichen Mord am ungeborenen Kind? Ratzinger lässt grüssen! Die christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegner frohlocken und singen "Halleluja!", dass ein Mann von dieser Geisteshaltung, also mindestens implizit einer der ihren, Vizechef von Sesam ist. Es kommt aber noch besser. Nochmals die basellandschaftliche:
Ganz anderer Art sind die ethischen Fragen, die für die Forscher relevant sind. "Was tun, wenn wir bei einer Untersuchung etwa einen Gehirntumor entdecken?", fragt sich Grob. Für solche Fälle wird man sich absichern und die Teilnehmenden eine Erklärung unterschreiben lassen.
Der Onkel von Sesam stellt also fest, dass die kleine Anna einen Gehirntumor entwickelt. Was soll der Onkel jetzt tun? Eine ethische Frage? Soll er den Eltern nichts sagen und als Beobachter zurücktreten und fasziniert zuschauen, wie sich das Familiensystem entwickelt, wenn ein Gehirntumor unentdeckt bleibt (Eine interessante Fragestellung, Herr Kollega, tatsächlich!)? Die Eltern haben ja unterschrieben, dass sie die Sesam-Onkelz von jeglicher Informationspflicht entbinden. Oder soll der Sesamonkel die kleine Anna retten indem er die Eltern informiert über etwas, das nur aufgefallen ist, weil Anna regelmässig untersucht wird (regelmässiger als Nicht-Sesam-Kinder)? Damit würde der Sesamonkel Anna einen Vorteil verschaffen gegenüber den Nicht-Sesam-Kindern. Aber der Sesamonkel greift in das Experiment "Annas Leben" ein und macht so sein Setting kaputt. Was für ein perverses Dilemma!
Und nochmals aus der Zeitung:
"Wir machen keine tiefenpsychologischen Studien der einzelnen Personen", fasst Grob zusammen, "sondern sehen uns Ausschnitte aus dem Alltag an". Denn das Umfeld zeige immer mehr Wirkung auf die Entwicklung des Kindes. Ein Kind wachse zum Beispiel im Kleinbasel anders auf, als eines in Riehen, verdeutlicht Grob. Ob die Eltern in einem Einfamilienhaus wohnen oder in einem Wohnblock, könnte ebenfalls eine Rolle spielen. In einem Block könnten etliche Belastungsfaktoren wie lärmende Nachbarn oder bellende Hunde dazukommen und ein Kleinkind vermehrt zum Schreien bringen.
Ich kenn das Resultat von Grobs vergleichender Studie über von bellenden Hunden und krakeelenden Nachbarn gestörte Kleinbasler BlockKidz einerseits und in sozialer Isolation gestillte, in Stoffwindeln gepackte Riehener Schuhschachtel-Kinder andererseits schon heute: Nur die Kleinfamilie im Reiheneinfamilienhaus garantiert die gemäss "SESAM-Standard 2026" als gesund geltende Normalbiographie des Sprösslings. Denn um die Definition von "gesund" geht es ziemlich explizit:
Gewisse so genannte Risikofaktoren haben ebenfalls - manchmal positiven, in anderen Fällen negativen - Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes und sollen genau studiert werden. Wie Grob erläutert, können dies Kindergarten- oder Schuleintritte, Wohnortswechsel, die Trennung der Eltern oder der Tod einer nahen Person sein. " Die Wissenschaft hat kaum Erkenntnisse darüber, was passiert, wenn sich solche Faktoren summieren", meint er. Solche Erkenntnisse soll Sesam liefern, damit die Frage "Was macht uns gesund?" beantwortet werden kann.
Was passiert mit der kleinen Anna, wenn während des Zügelns kurz vor dem Schuleintritt die Eltern sich scheiden lassen nach dem Tod der geliebten Grossmutter? Ein Fragestellung, die unbedingt der wissenschaftlichen Klärung bedarf, ganz offensichtlich!
patpatpat - 16. Sep, 09:52