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Aargauer Zeitung: "Margraf...
Bis vor einigen Monaten war unklar, ob Jürgen Margraf...
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Geht Margraf doch nicht...
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Samstag, 21. November 2009

Aargauer Zeitung: "Margraf verlässt enttäuscht die Schweiz"

Bis vor einigen Monaten war unklar, ob Jürgen Margraf nun nach Bochum wechselt oder nicht. Jetzt schrieb aber Felix Strauman am 13. November in der Aargauer Zeitung:
(Start Artikel)

Der profilierte Depressionsforscher Jürgen Margraf verlässt enttäuscht die Schweiz.

Ausgerechnet jetzt nach dem Tod des deutschen Nationaltorhüters Robert Enke, wo vielen Menschen die Bedeutung oft tabuisierter psychischer Krankheiten schmerzlich bewusst wird, verlässt einer der profiliertesten Depressionsforscher der Schweiz enttäuscht das Land. Jürgen Margraf, Psychologieprofessor an der Universität Basel, wurde von Deutschland mit einer Humboldt-Professur abgeworben. Margraf hat entschieden, das Angebot anzunehmen, und wird am 1. März 2010 eine attraktive Stelle an der Ruhr-Universität Bochum antreten – unbelastet von administrativen Aufgaben und ausgestattet mit einem komfortablen Forschungsbudget.
Mit dem Namen Jürgen Margraf eng verbunden ist einesder bemerkenswertesten Forschungsprojekte der Schweiz. Der 22 Millionen Franken teure nationale Forschungsschwerpunkt mit dem Namen Sesam (Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health) an der Universität Basel hatte das ambitionierte Ziel, die Entstehung psychischer Krankheiten interdisziplinär mit Methoden der Soziologie, Psychologie und Biologie zu untersuchen. Dazu wollte man 3000 Kinder von der zwölften Schwangerschaftswoche an bis zum 20. Lebensjahr systematisch mit ihrem gesamten Lebensumfeld inklusive Eltern und Grosseltern zu verfolgen.
Obwohl das Projekt von internationalen Gutachtern beste Noten erhielt, scheiterte das Projekt kläglich und wurde vor anderthalb Jahren auf Antrag der Projektleitung gestoppt. Ein Bericht des Nationalfonds macht dafür unter anderem die Opposition radikaler Interessengruppen verantwortlich. Wenn auch nicht namentlich erwähnt, ist damit vor allem der «Basler Appell gegen Gentechnologie» gemeint, der von Beginn an Stimmung gegen das Projekt machte. Ebenfalls bedeutend waren laut Autoren des Berichts die falsch eingeschätzte Teilnahmebereitschaft von werdenden Müttern sowie unklare rechtliche Zuständigkeiten zwischen den Kantonen.

Herr Margraf, Sie haben sich entschieden, der Schweiz den Rücken zu kehren. Mussten Sie lange überlegen?

Jürgen Margraf: Letzten Endes schon. Ich bin seit gut zehn Jahren Professor an der Universität Basel und habe zusammen mit Kollegen sehr viel Aufbauarbeit und Herzblut hineingesteckt. Mir ist aber klar geworden, dass es unter den gegebenen Rahmenbedingungen sehr schwierig sein würde, in den nächsten zehn Jahren einen grossen Schritt nach vorne zu machen.

Ich nehme an, Sie sprechen vor allem Ihr gescheitertes «Sesam»-Projekt an.

Margraf: Das ist sicher ein Aspekt. Diese Erfahrung hat gezeigt, dass es in der Schweiz sehr schwierig ist, so ein Projekt an der Schnittstelle von Sozial- und Naturwissenschaften umzusetzen.

Was hat aus Ihrer Sicht rückblickend zum Scheitern geführt?

Margraf: Dazu gibt es einen Bericht aus einer unabhängigen Nationalfonds-Untersuchung. Aus meiner Sicht hat eine Mischung verschiedener Faktoren dazu geführt, dass die hohen Anforderungen an den nationalen Forschungsschwerpunkt nicht realisierbar waren. Unter anderem ist bis heute nicht klar, wer zuständig ist, wenn eine Studie über mehrere Kantone und Disziplinen geht. In diesem Umfeld hatten wir nicht genügend Unterstützung.

Was hätte dann konkret passieren müssen?

Margraf: Zum Beispiel können bei ungerechtfertigten öffentlichen Angriffen die kritisierten Forscher schlecht selber sagen: Es ist aber alles ganz wundervoll, was wir machen. Da müssen andere aktiv werden und da ist auch die Universitätsleitung gefordert. Ein interdisziplinäres Projekt ist immer eine schwierige Aufgabe, aber unter normalen Umständen können die Probleme gelöst werden. Doch unter erschwerten Umständen können Hindernisse plötzlich zu unüberwindbaren Hürden werden.

Planen Sie eine Neuauflage des Sesam-Projekts in Deutschland?

Margraf: Diese Art Forschung läuft inzwischen an verschiedenen Orten der Welt. Es ist nicht sinnvoll, das Gleiche mit fünf Jahren Verspätung nun noch einmal zu machen. Ich werde andere Projekte beginnen. Für mich bleibt weiter die grosse Herausforderung, zu klären, was die Ursachen von gesunder und kranker Entwicklung in einem so tabuisierten Gebiet wie der Psyche sind. Das muss bewältigt werden, sonst werden wir weiterhin jede Menge menschliches Leid und sehr hohe unnötige Kosten haben. Andere Themen, mit denen ich mich beschäftigen werde, sind die psychotherapeutische Behandlung bei Angsterkrankungen und Depressionen und die Frage, wie das alles im Guten wie im Schlechten in Familien weitergegeben wird und ob wir darauf Einfluss nehmen können.

Hätte man den Tod des deutschen Nationaltorhüters Robert Enke verhindern können?

Margraf: Ich kenne den Fall nur aus der Ferne, es scheint aber, dass man versucht hat, alles richtig zu machen. Er hatte auch eine stabile, liebevolle Beziehung und trieb Sport – beides schützende Faktoren bei Depression. Bei Enke hat es trotzdem nicht gereicht. Im Einzelfall kann man das einfach nicht mit Sicherheit voraussagen.

Was neben den Erfahrungen mit dem Sesam-Projekt hat Sie sonst noch dazu bewogen, die Schweiz zu verlassen?

Margraf: Die Situation an den Universitäten. In Basel ist die Zahl der Studierenden in den letzten Jahren dramatisch nach oben gegangen. Wir haben in der Psychologie seit Jahren ein Betreuungsverhältnis von über 100 Studierenden auf eine Professur. Das ist auf Dauer absolut untragbar. Das geht nur mit riesigem Aufwand und auf Kosten des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Forschung. Ab 1 zu 80 müssten eigentlich sofort Notmassnahmen eingeleitet werden. Dazu gäbe es eidgenössische Vereinbarungen, an die sich die Universität aber nicht hält.

Wenn Sie die Forschungslandschaft in den letzten Jahren beobachten: Sind die Schweizer wissenschaftsskeptischer geworden?

Margraf: Ich glaube, dass es zwei gegenläufige Entwicklungen gibt. Viele Leute finden Forschung wichtiger und sinnvoller denn je. Daneben gibt es eine kleinere Anzahl von Leuten, die ganz dagegen sind. Ob dieser Teil grösser geworden ist, weiss ich nicht. Aber er ist da. Und die Rahmenbedingungen in der Schweiz mit dem starken Föderalismus, der Basisdemokratie und der Angst der Politiker, für heikle Themen einzustehen, machen es möglich, dass kleinere Gruppierungen überproportionalen Einfluss haben. Hinzu kommt, dass man beim Thema psychische Gesundheit immer noch auf Vorbehalte stösst. Ich werde das Gefühl bis heute nicht los, dass viele nicht realisieren, wie häufig und schwerwiegend psychische Probleme in unserer Gesellschaft sind. Immer wieder sind die Menschen erstaunt, wenn ich Zahlen zur Häufigkeit solcher Erkrankungen vortrage. Dabei sind diese überhaupt nichts Neues und betreffen auch viele andere Länder.

Wie reagieren denn die Leute auf Ihre Zahlen?

Margraf: Statt zur Kenntnis zu nehmen, dass psychische Krankheiten wirklich häufig sind und man etwas dagegen tun müsste, gibt es bei manchen Leuten alle möglichen Mutmassungen, warum ich jetzt solche Zahlen sage: «Will der jetzt riesige Beschäftigungsprogramme für Psychologen starten oder seine eigene Wichtigkeit erhöhen?» Ich glaube, dass die Probleme der psychischen Gesundheit grundsätzlich unterschätzt werden.
(Ende Artikel aus der Aargauer Zeitung)

P.S. Zu einigen Primärquellen für die Zahlen, "wie häufig und schwerwiegend psychische Probleme in unserer Gesellschaft sind", siehe die Links in diesem Blogposting. Zu Margrafs Kritik an den Kritikern siehe dieses Posting bei Sesam Watch.

Freitag, 16. Oktober 2009

NZZ-Leserbrief 13.8.09, S.9: Untaugliche Vorschläge des Nationalfonds

Das Papier der Arbeitsgruppe «Lesson learned» (leider nur in Einzahl) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF), über das in der NZZ vom 10. Juli berichtet wird, darf nicht unkommentiert bleiben. Einzelne der Vorschläge sind sehr wichtig und pertinent, so zum Beispiel die Empfehlung, die Zuständigkeiten bei Multizenterstudien zu klären (was schon in Realisierung ist; hier werden Eulen nach Athen getragen), oder der Vorschlag, eine Rekurskommission zu schaffen. Dass sich hingegen die Antragsteller von Forschungsgesuchen bezüglich der Zusammensetzung der Kommissionen äussern dürften, ist nicht ein sehr durchdachter Vorschlag.
Wer beide Gremien, den Forschungsrat des SNF und die Ethikkommissionen, kennt, weiss um deren verschiedene Arbeitsweise und deren unterschiedlichen Auftrag. Ich möchte die Antwort des Forschungsrates hören, wenn jeder Antragsteller sich über die Zusammensetzung ebendieses Forschungsrates äussern würde bzw. Druck auf dessen Zusammensetzung ausüben könnte! Auch da fehlen gelegentlich «Fachkompetenzen».
Und dass sich die Ethikkommissionen nur «mit operativen Aspekten von Projekten» beschäftigen sollten, entspricht in keiner Weise dem inhärenten ethischen Auftrag oder international anerkannten Richtlinien. Ein Gesuch an den SNF hat anderen Kriterien zu genügen als ein operationalisiertes, klinisches Forschungsgesuch. Ersteres ist weiter gefasst, geht weniger in die wissenschaftlichen Details und beschreibt die vorgeschlagene Forschung in einem grösseren Zusammenhang. Ein Gesuch an die Ethikkommission hingegen ist detailliert und muss auch konkrete Vorgänge genau definieren. Zudem ist die Begutachtung der «Wissenschaftlichkeit» integraler Bestandteil der ethischen Begutachtung und kann nicht delegiert werden.
Auch der Vorschlag «Vorstudien, die für die Machbarkeitsabschätzung eines Hauptprojektes nötig sind, sollen unabhängig von der Hauptstudie und vor dieser begutachtet werden» ist unverständlich, als ob es für Vor- und Hauptstudien verschiedene «Ethiken» gäbe! Dass zudem im Fall «Sesam» von den Ethikkommissionen gemeinsam vorgegangen worden ist, braucht hier nicht wiederholt zu werden, und dass «Sesam» am fehlenden Realitätssinn der Gesuchsteller und des Forschungsrates gescheitert ist, bestreitet implizite auch der Bericht nicht!
Renato L. Galeazzi (St. Gallen)

Donnerstag, 9. Juli 2009

"Sesam" heisst auf Englisch "National Children's Study"

Was in der Schweiz mit 3'000 Kindern scheiterte, soll in den USA mit 100'000 gelingen:
The National Children’s Study will examine the effects of environmental influences on the health and development of 100,000 children across the United States, following them from before birth until age 21. The goal of the Study is to improve the health and well-being of children.
The Study defines “environment” broadly, taking a number of natural and man-made environmental, biological, genetic, and psychosocial factors into account. By studying children through their different phases of growth and development, researchers will be better able to understand the role these factors have on health and disease. Findings from the Study will be made available as the research progresses, making potential benefits known to the public as soon as possible.
Ultimately, the National Children’s Study will be one of the richest research efforts geared towards studying children’s health and development and will form the basis of child health guidance, interventions, and policy for generations to come.
The National Children’s Study is led by a consortium of federal partners: the U.S. Department of Health and Human Services (including the Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development and the National Institute of Environmental Health Sciences of the National Institutes of Health and the Centers for Disease Control and Prevention), and the U.S. Environmental Protection Agency.

Mittwoch, 8. Juli 2009

"Lehren" des Schweizerischen Nationalfonds aus Sesam

Der SNF teilte am 3. Juli mit:
Der Schweizerischen Nationalfonds (SNF) hat im Rahmen seines nun verabschiedeten Berichts „Lesson learned“ (.pdf) die Lehren aus dem im Januar erfolgten Abbruch des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) SESAM gezogen. Er formuliert darin die aus den gemachten Erfahrungen gezogenen Schlüsse und Erkenntnisse für vergleichbare künftige Grossprojekte. Insbesondere an die vorangehenden Machbarkeitsstudien will der SNF noch umfassendere Anforderungen stellen.
Als Ursachen für das Scheitern nennt die Medienmitteilung:
1. zu optimistische Annahmen bezüglich der Teilnahme von werdenden Müttern an der Kernstudie
2. Unklarheiten bei rechtlichen Zuständigkeiten sowie aufwändiges Ethikverfahren in Basel und anderen Kantonen
3. anhaltende öffentliche Kritik am NFS, insbesondere durch Interessengruppen
Punkt 1 geht auf die Kappe der Sesam-Leitung und der Expertengremien im und um den SNF. Gegen den im zweiten Punkt formulierten Vorwurf, die Ethikkommission sei mitschuld, verwahrte sich deren Präsident Hans Kummer mit einer ausführlichen Begründung bereits im Januar in der NZZ. Und dass Punkt 3 als offizieller Grund für das Scheitern genannt wird, verweist implizit auf die in 3.6 von "Lesson learned" artikulierte Kritik an den Verantwortlichen in SNF und Sesam:
(...) Wichtig erscheint aber,dass der Umgang mit öffentlicher Kritik "Chefsache" ist, d.h. vom SNF ohne Verzug auf verantwortlicher Ebene ernst genommen werden muss, sobald sie auftaucht. Der SNF hat eine wichtige Funktion als Verteidiger von seriöser wissenschaftlicher Forschung wahrzunehmen, die er auch angemessen kommunizieren muss. Um zeit- und sachgerecht reagieren zu können, braucht er die dazu nötige Kommunikationskompetenz und ein angemessenes Monitoring, besonders im Fall der Orientierten Forschung. (...)
Es wird also im Bericht zwar zugegeben, dass die Unfähigkeit der Verantwortlichen, mit öffentlich artikulierter Skepsis gegenüber Sesam umzugehen, Mitschuld trägt an dessen Scheitern. Aber trotzdem schiebt das Communiqué zu "Lesson learned" jenen, die ihre Skepsis artikulierten, die Schuld in die Schuhe. Sachlich richtig wäre, unter 3. zu schreiben: "fehlende Kommunikationskompetenz und mangelndes Monitoring bei SNF und Sesam". Dann wären aber am Ende SNF und Sesam ganz allein am Debakel schuld, denn das Argument der Verzögerung durch die Ethikkommission(en) (Punkt 2) darf wohl als Scheinargument bezeichnet werden (siehe Hans Kummers Argumentarium). Inhaltlich äussert sich der SNF übrigens mit keiner Silbe zur "anhaltenden Kritik".

Freitag, 12. Juni 2009

Geht Margraf doch nicht nach Bochum?

Jürgen Margraf habe sich noch nicht endgültig festgelegt, ob er tatsächlich nach Bochum wechsle, schreibt heute die Basler Zeitung baz. Die Meldung der dortigen Uni sei wohl etwas vorschnell ins Netz gestellt worden, sagte Margraf dem Blatt. Offenbar ist es so, dass zwar die Humboldt-Stiftung ihm ihren Forschungspreis zugesprochen hat, aber er und Bochum jetzt erst in Berufungsverhandlungen miteinander treten, deren Ausgang im Prinzip noch offen ist. Die baz schreibt, für Margraf sei auch ein Verbleib in Basel "durchaus im Bereich des Möglichen". Bis in vier Wochen will Margraf sich laut baz entschieden haben.

Mittwoch, 10. Juni 2009

Jürgen Margraf und Sylvia Schneider wechseln nach Bochum

Die Ruhr Uni Bochum teilt heute mit:
Zum Sommersemester 2010 wird Prof. Dr. Jürgen Margraf, international renommierter Spezialist für Angst- und Panikstörungen, als Humboldt-Professor den Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie übernehmen. Der Träger des internationalen Forschungspreises der Alexander von Humboldt-Stiftung, der zurzeit in Basel arbeitet, wird mit fünf Millionen Euro für fünf Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Förderung soll dazu verwendet werden, ein Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit an der RUB aufzubauen. Mit Prof. Margraf kommt auch seine Frau, Prof. Dr. Sylvia Schneider, nach Bochum. Sie ist Spezialistin auf dem Gebiet der Kinderpsychologie. „Wir sind glücklich und stolz über die Entscheidung der Humboldt-Stiftung“, sagte Rektor Prof. Dr. Elmar Weiler. „Sie bestätigt uns erneut, dass die Ruhr-Universität den Nährboden für internationale Spitzenforschung bietet.“

Dienstag, 10. März 2009

"Am Tisch mit ..." 45 Minuten Interview mit Jürgen Margraf

HR2 brachte am 24.10.08 in längeres Gespräch mit Jürgen Margraf in der Sendung "Doppel-Kopf". Hier ist sie online zu hören. Hier ist das File zum Download (rechte Maustaste -> "speichern unter...").

Montag, 16. Februar 2009

Sesam in SNF Dokument: Ethikprüfung hat verzögert

Im vor wenigen Tagen erschienenen "Guide 2009" des Schweizerischen Nationalfonds SNF, in dem alle nationalen Forschungsschwerpunkte kurz vorgestellt werden, steht auf Seite 81, im Teil über Sesam:
Due to the low recruitment rate, the recruitment for the sesam core-study was stopped in March 2009, while individual studies that recruit individuals independent of the core-study are still ongoing. Therefore, the NCCR sesam in its originally designed form will be finished after the first funding period in 2009. The ongoing individual focus on research topics such as the impact of family socialisation factors on child development, the psychobiological programming of stress response, the psychobiological consequences of mental health during pregnancy, maternal sensitivity and amygdala functioning, the postnatal programming of human mesolimbic dopaminergic function, family functioning as well as the relationship between fetal heart rate variability and psychosocial development of children. In ongoing prestudies, new methods (e.g., digital diaries, specific questionnaires, translated questionnaires or methods for the collection of biological samples) that have been developed for the application within the core study are evaluated. It has to be mentioned that due to the long and complicated process of ethical evaluation, the start of the recruitment within the whole NCCR was markably delayed.
Zur Aussage im letzten Satz ("... long and complicated ...") schrieb Hans Kummer, zur fraglichen Zeit Präsident der Ethikkommission beider Basel (EKBB), in einem Artikel in der NZZ vom 16.1.2009:
Die Sesam-Leitung sieht in einer umständlichen, wenig kooperativen Handlungsweise der kantonalen Ethikkommissionen, im Besonderen der EKBB, einen «fundamentalen» Grund des Misserfolges der Studie. Diese Einschätzung muss in aller Form zurückgewiesen werden: Die Studienleitung von Sesam benötigte fast 20 Monate nach der Freigabe durch den SNF, bis sie die Studie der EKBB einreichte. Im Vergleich dazu konnte das Projekt trotz erheblicher Korrekturbedürftigkeit in weniger als 6 Monaten nach der Einreichung mit wenigen Auflagen freigegeben werden. Von dieser Zeit beanspruchte die Sesam-Leitung erst noch mehr als die Hälfte für ihre Antworten. Die Studie war zweifellos von Anfang an äusserst anspruchsvoll konzipiert und schwierig zu verwirklichen. Sie ist aber letztlich gescheitert an einer mangelhaften Planung (Rekrutierung am falschen Ort, zu grosse Anforderungen an die Studienteilnehmerinnen) und einer primär negativen und von Misstrauen geprägten Einstellung der Studienleitung gegenüber der ethischen Prüfung. Diese Einstellung entbehrt jeglicher Grundlage. (...) Voraussetzung für einen guten Ablauf der ethischen Begutachtung eines Forschungsprojektes ist allerdings, dass sich Studienleiter und Ethikkommission ohne negative Vorurteile mit gegenseitigem Respekt und Vertrauen begegnen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, können schmerzhafte und teure Fehlentwicklungen wie hier künftig vermieden werden.
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Sesam Watch

Beobachtungen und Notizen zum Schweizer NCCR "Sesam", der 3'000 Kinder und ihr Umfeld vom ersten Ultraschallbild an 20 Jahre lang beobachten wollte (vorzeitiger Abbruch: 13.3.08). Autonom, skeptisch, ehrenamtlich. Kontakt: sesamwatch@gmail.com

Grundsätze



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