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Aargauer Zeitung: "Margraf...
Bis vor einigen Monaten war unklar, ob Jürgen Margraf...
sesaminput - 21. Nov, 10:21
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sesaminput - 21. Nov, 10:18
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Das Papier der Arbeitsgruppe «Lesson learned» (leider...
sesaminput - 16. Okt, 13:32
"Sesam" heisst auf Englisch...
Was in der Schweiz mit 3'000 Kindern scheiterte, soll...
sesaminput - 9. Jul, 08:26

Hinweis

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Mittwoch, 7. Juni 2006

SAGW: Veranstaltung zum Gesetz über die Forschung am Menschen

Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
Öffentliche Veranstaltung zum Gesetz über die Forschung am Menschen
Datum: 16.06.2006 - 16.06.2006
Ort: Université Lausanne
Veranstalter: ASSH/SAGW

Öffentliche Veranstaltung im Rahmen der Jahresversammlung der SAGW

Forschung am und mit Menschen ist immer ein Eingriff in die physische und/oder in die psychische Integrität dieses Menschen. Daher unterliegt diese Forschung spezifischen Bedingungen, die zu ethischen Fragestellungen Anlass gibt. Dies gilt etwa für Menschen mit beschränkter Urteilsfähigkeit, für Kinder oder für verstorbene Personen.

Bisher waren für die Zulassungen von Forschungsprojekten am Menschen die kantonalen Ethikkommissionen zuständig. Da diese Situation eine teilweise uneinheitliche und unvollständige Regelung zur Folge hatte, wurde vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Gesetzesentwurf über die Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz) ausgearbeitet, der im Frühjahr 2006 in die Vernehmlassung geschickt wurde. Mit dem neuen Gesetz können Bewilligungen für Forschungsprojekte auf eine neue, gesamtschweizerische Basis abgestützt werden. Auch die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) hat die Vernehmlassung genutzt und zum Gesetzesentwurf Stellung genommen.

(...)

# 16.15
NFS sesam: eine multizentrische, multidisziplinäre und multigenerationale Längsschnittstudie zur Entwicklung der bio-psycho-sozialen Gesundheit. Prof. Alexander Grob, Université de Bâle
# 16.30
Table ronde et discussion avec Dr. Carola Meier-Seethaler, Prof. Alberto Bondolfi, Prof. Alexander Grob, Prof. Michel Valloton
Moderation: Prof. Rainer J. Schweizer

Margraf: "Angststörungen nehmen bei Kindern dramatisch zu"

Gesundheit-SprechStunde; 07.04.2006; Seite 13; Nummer 7:

«Angststörungen nehmen bei Kindern dramatisch zu»
Warum verbreiten sich Angsterkrankungen seit fünfzig Jahren so schnell? Die Forschung gibt Antwort.
AUTOR: Von Beat Leuenberger

«Menschen leiden heute häufiger unter Angst als früher», stellt Prof. Jürgen Margraf fest. Der Leiter der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Basel interpretiert die Auswertung von Befragungen seit den 50er-Jahren: «Der Anstieg von Angsterkrankungen ist dramatisch.»
Am dramatischsten bei Kindern. Angstforscher Margraf: «Kinder, die heute als gesund gelten, leiden stärker unter Angst, als Kinder, die vor fünfzig Jahren in der Psychiatrie behandelt wurden.»
Wie ist das zu erklären? «Die Gene können es nicht sein», sagt Jürgen Margraf. «Sie verändern sich nicht so schnell.» Setzen die Wissenschafter aber den Angstanstieg in Beziehung mit sozialen Faktoren, finden sie vier Erklärungen: Angst vor Gewalt und Terroranschlägen, vor Naturkatastrophen, vor Seuchen wie Sars und Krankheiten wie Aids. Die zweite Erklärung ist die steigende Arbeitslosenzahl und die Zahl von Kindern, die unter dem Existenzminimum leben müssen.
Als dritte Erklärung nennen die Psychologen soziale Verbundenheit respektive ihre rasante Veränderung. Prof. Margraf: «Die Menschen heiraten seltener. Wenn sie heiraten, tun sie es später als in vergangenen Zeiten, sie haben weniger Kinder und sie lassen sich viel häufiger scheiden.»
Die Statistik gibt dem Angstexperten Recht: Bald jedes zweite Paar lässt sich in der Schweiz scheiden (Ende 2005: 45,5 Prozent), die Geburtenrate ist auf knapp unter 1,4 pro Familie gesunken, dafür die Zahl der Einzelhaushalte auf über 36 Prozent angestiegen. «Das heisst», so Jürgen Margraf, «die traditionellen Strukturen des Zusammenlebens verschwinden nach und nach und wir leben mehr und mehr in einer Gesellschaft der Vereinzelung.»
Die grosse Übersichtsstudie zum Thema Angst, die der Wissenschafter zitiert, wertete über 250 Befragungen mit mehr als 50'000 Erwachsenen und Kindern im Schulalter aus. «Sie zeigt deutlich, dass die sozialen Veränderungen da waren, bevor die Angst zunahm - und nicht umgekehrt», erklärt Margraf, «was es hoch wahrscheinlich macht, dass die Angst eine Folge des Umbruchs von Sozialstrukturen ist.»
Zur vierten wichtigen Erklärung für die Angstzunahme betreiben die Basler Psychologen um Jürgen Margraf eigene Forschung. Es ist die Dimension der Kontrollierbarkeit: «Belastungen, welche die Leute kontrollieren können, werden viel besser vertragen und machen sowohl psychisch wie auch körperlich viel weniger krank.» Ganz entscheidend dabei sei die eigene Wahrnehmung, sagt Margraf: «Sind die Menschen davon überzeugt, dass sie die Kontrolle haben, fühlen sie sich gut, auch wenn die Wirklichkeit anders ist.»
Nun kommt aber das Gefühl, sein Leben unter Kontrolle zu haben, zunehmend abhanden. Die Leute spüren, dass immer grössere Bereiche ihres Lebens ihrem direkten Zugriff verwehrt bleiben. Jürgen Margraf macht ein Beispiel: Die Globalisierung führt dazu, dass bei uns Arbeitsplätze verschwinden und nach Indien oder China verlegt werden. «Was kann der Einzelne dagegen tun?», fragt der Psychologe rhetorisch. «Natürlich nichts. Egal, welche politische Partei ich wähle, ich kann nicht wirklich etwas dagegen tun - und das macht Angst.»
Jürgen Margraf, Institut für Psychologie, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Basel - Erst kommt die Angst, dann die Depression: «Wir erfahren in immer stärkerem Ausmass, dass wir in einer vernetzten Welt leben. Der Einzelne kommt sich klitzeklein vor. Menschen aber, die das Gefühl haben, ihr Leben nicht kontrollieren zu können, erkranken viel eher an einer Angststörung. Hält diese lange unbehandelt an, kommen Depressionen und körperliche Leiden dazu.»

Donnerstag, 1. Juni 2006

Aargauer Zeitung: "Ethik-Gremien unter Beschuss"

Die Aargauer Zeitung referiert heute die Kritik an den KritikerInnen. Die Wissenschaftsseite, auf der der Artikel erscheint, ist offenbar gesponsert. Da steht:
Die Seite Wissen wird von der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW unterstützt.
Der Autor Felix Straumann schreibt laut seiner Webseite sowohl journalistisch für verschiedene Publikumsmedien, als auch - im Auftragsverhältnis - PR-Texte für Hochschul- und Forschungsinstitutionen. Ist es zulässig, zu vermuten, dass damit die Ausrichtung seines Artikels teilweise zu erklären ist? Voilà:

Ethikkommissionen: Sie überprüfen, ob ethische Standards in Forschung und Medizin eingehalten werden. In jüngster Zeit geraten sie dabei vermehrt in die Kritik.

Sie heissen NEK, EKAH oder EKBB und haben teilweise sehr unterschiedliche Aufträge. Dennoch ist den zahlreichen Schweizer Ethikkommissionen eines gemein: Sie achten darauf, dass ethische Standards eingehalten werden; sei es bei heiklen Forschungsprojekten, umstrittenen medizinischen Praktiken oder in der Gentechnologie. Eine schwierige Aufgabe, deren Umsetzung in letzter Zeit vermehrt auf Kritik gestossen ist. Jüngstes Beispiel ist die Empfehlung der Nationalen Ethikkommission für Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) von vergangener Woche: Die Forschung an grossen Menschenaffen wie Gorillas oder Schimpansen soll vollständig verboten werden. Zudem mahnt die EKAH die kantonalen Ethikkommissionen zu grösster Zurückhaltung bei der Zulassung von Gesuchen für Experimente mit Affen.

Empfehlungen, die beim Tierschutzbeauftragten von ETH und Universität Zürich auf Unverständnis stossen: «Die ganze Bewertung muss in Zweifel gezogen werden.» In der Schweiz experimentiere zurzeit niemand mit grossen Menschenaffen. Abgesehen davon könne er sich auch Projekte vorstellen, die den uns nah verwandten Tieren nützen könnten, so Sigg. Als Beispiel nennt er Impfexperimente gegen das tödliche Ebola-Virus, das in Afrika die Gorillas auszurotten droht. Die geforderte Zurückhaltung bei der Bewilligung sei zudem bereits heute Alltag. Das den Empfehlungen der Ethikkommission zugrundeliegende Experiment, bei dem an der ETH mit Krallenäffchen Depressionsforschung betrieben wurde, hätten die Kommissionsmitglieder ausserdem «nicht richtig verstanden», sagt Sigg.

Doch die EKAH ist nicht die einzige Ethikkommission, die in der Kritik steht. Kopfschütteln löst vielerorts auch ein Mitglied der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) aus. So kritisierte jüngst das Kommissionsmitglied Carola Meier-Seethaler in den Medien den vom Nationalfonds und Bundesrat bewilligten Nationalen Forschungsschwerpunkt «Sesam». Das umstrittene Grossprojekt «Sesam» will in verschiedenen Teilprojekten insgesamt 3000 Kinder von der 12. Schwangerschaftswoche an bis zum 20. Lebensjahr systematisch untersuchen und so Risikofaktoren für eine spätere Depression aufdecken.

Die renommierte Psychoanalytikerin Meier-Seethaler attestiert den Beteiligten fehlenden «demokratischem Anstand», weil nicht abgewartet wurde, bis sich die Ethikkommissionen ein Urteil hätten bilden können. Der Haken dabei: «Sesam» befindet sich erst in einer Planungsphase, in der die Einzelprojekte noch ausgearbeitet werden. Erst diese Einzelprojekte können dann die kantonalen Ethikkommissionen prüfen und gegebenenfalls genehmigen oder ablehnen. Das Geld für die Teilprojekte wird vom Nationalfonds bis zu einem positiven Entscheid zurückbehalten.

Meier-Seethaler kannte offenbar weder das Projekt noch die Abläufe bei der ethischen Prüfung ausreichend. Genau gleich der Präsident der EKAH, Klaus Peter Rippe: Der Ethiker und Geschäftsführer einer Beratungsfirma liess sich jüngst in einem Interview mit der «Wochenzeitung» für eine Stimmungsmache gegen das Projekt «Sesam» einspannen. Unter anderem diffamierte er darin die international angesehenen «Sesam»-Forscher: «Was fehlt, ist Klugheit. Man müsste diesen Leuten zeigen, wie komplex die Welt ist, bevor man sie mit ihrem Optimismus auf die Welt loslässt.»

Hermann Amstad, stellvertretender Generalsekretär der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften, kann sich nur wundern über den EKAH-Präsidenten: «Die Aussagen von Herrn Rippe waren ziemlich undifferenziert; vom Präsidenten eines solchen Gremiums hätte ich dies nicht erwartet.» Auf «Sesam» selber lastet inzwischen der Druck so stark, dass man sich dort nicht zum fragwürdigen Verhalten der einzelnen Ethikkommissionsmitglieder äussern will: «Das sind Leute, die uns begutachten», sagt Barbara Glättli-Dolanc, Medienbeauftrage von «Sesam».

Einer völlig andersartigen Kritik sind die vielen kantonalen Ethikkommissionen ausgesetzt. Diese Gremien sind zuständig für die Prüfung der ethischen und wissenschaftlichen Qualität von Forschungsprojekten an Menschen. Im Parlament stellt der Basler SVP-Nationalrat und Chirurg Jean Henri Dunant die Zweckmässigkeit dieser Ethik-Gremien in einer noch hängigen Motion infrage [Anm. v. Sesam Watch: Das ist sachlich falsch. Die Motion wurde von National- und Ständerat angenommen und ist damit erledigt, also nicht mehr hängig.]. Es sei zu befürchten, dass sich diese «gegenseitig in unsinniger Weise konkurrenzieren». Vor allem so genannte Multizenterstudien, die an verschiedenen Kliniken durchgeführt werden, müssten in jedem Kanton neu beantragt würden, was zu grossen Verspätungen führe, beklagt Mitunterzeichner FDP-Nationalrat Felix Gutzwiller. Gefordert sei deshalb eine gesamtschweizerische Koordination oder eine Konzentration der verschiedenen Kommissionen.

Amstad von der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften hält den parlamentarischen Vorstoss allerdings für überflüssig: Das Humanforschungsgesetz, das sich zurzeit in der Vernehmlassung befindet, sieht bereits eine Verbesserung der Situation vor. Zudem habe sich in den vergangenen vier bis fünf Jahren viel verändert und eine Konzentration der kantonalen Ethikkommissionen stattgefunden. Multizenterstudien können schon heute vereinfacht zugelassen werden.
Über 200 Kommissionen

Die Schweiz zählt über zweihundert Ethikkommissionen mit unterschiedlichen Aufgaben, Tendenz steigend. Auf nationaler Ebene existieren zwei Gremien, deren Auftrag es ist, Politik und Gesellschaft bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) befasst sich mit Fragen, die den Menschen direkt betreffen, zum Beispiel der Präimplantationsdiagnostik (PID) oder der Stammzellforschung. Die Nationale Ethikkommission für Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) befasst sich vor allem mit gentechnisch veränderten Pflanzen in der Landwirtschaft und in Lebensmitteln. Auf kantonaler Ebene existieren 14 Ethikkommissionen sowie etwa gleich viele Unterkommissionen in Genf und Zürich. Sie bewilligen Forschungsprojekte an Menschen aufgrund der ethischen und wissenschaftlichen Qualität. Im Kanton Aargau beispielsweise besteht die Kommission aus 20 Mitgliedern, die die an jährlich zehn Sitzungen eingegangenen Gesuche beurteilen. Der Kanton Solothurn hat keine eigene Ethikkommission und anerkennt die Voten des Aargauer Gremiums. Die grösste Zahl der Ethikkommissionen befindet sich an den Spitälern. Diese sollen heikle Entscheide bei der konkreten Behandlung einzelner Patienten fällen. (fes)

Mittwoch, 31. Mai 2006

Sesam im Jahresbericht von Nationalfonds und Uni Basel

Heute hat der Schweizerische Nationalfonds seinen Jahresbericht 2005 veröffentlicht und die umfangreiche Beilage mit der Liste der bewilligten Beiträge. Darin sind auch ein paar Zahlen zu Sesam zu lesen. Unter anderem, wieviel Geld dafür 2005 vom SNF an die Uni Basel geflossen ist. Jahresbericht, S. 48:
Schweizerische ätiologische Studie zur psychischen Gesundheit (SESAM), Betrag für 2005: 1'240'000; Betrag SNF für 4 Jahre: 10'200'000; Gesamtbudget für 4 Jahre: 22'755'786; Beginn: 2005; Heimatinstitution: Universität Basel
Wieviel davon wofür bereits ausgegeben worden ist, verrät allerdings der SNF-Jahresbericht nicht. Und auch dem Jahresbericht 2005 der Uni Basel ist dazu wenig zu entnehmen:
Jahresbericht '05 Uni Basel S. 45
Der im Frühjahr 2005 vom Bundesrat beschlossene Nationale Forschungsschwerpunkt «sesam» (www.sesamswiss.ch) ist zwar den Sozialwissenschaften zugeordnet, seine Forschungsinhalte interessieren jedoch ebenso die Biomedizin. Die Rolle von genetischen Faktoren bei der Entstehung und dem Verlauf psychischer Erkrankungen, die Auswirkungen von Depressionen bei schwangeren Frauen auf die Entwicklung des Fötus und die Beziehung zwischen biologischen Rhythmen und psychosozialer Prägung von Kindern stehen dabei besonders im Blickfeld. Es ist geplant, insgesamt 3’000 Familien mit Kindern über einen Zeitraum von zwanzig Jahren zu untersuchen. Diese Langzeitstudie ist weltweit einmalig und verspricht einen fundierten Einblick in die wichtigsten Faktoren und Risiken für die psychische Entwicklung der Menschen in der postmodernen Gesellschaft. Der Nationale Forschungsschwerpunkt «sesam» trägt wesentlich zur Brückenbildung zwischen den Life Sciences und den Geistes- und Sozialwissenschaften bei.

Jahresbericht '05 Uni Basel S. 65
Die Projektmittel des Nationalfonds sind im Vergleich zum Vorjahr um rund 4,1 Mio. Franken auf 45,4 Mio. Franken gestiegen. Damit liegt die Jahreszusprache von Nationalfondsmitteln im Jahr 2005 über dem Durchschnitt der Mitteleingänge der Jahre 2001–2005 (41,7 Mio. Fr.) [Gesamtaufwand der Uni Basel anno '05: 427,3 Mio]. Dieser Anstieg ist vor allem auf die beiden zusätzlichen Nationalen Forschungsschwerpunkte Sesam und Iconic Criticism zurückzuführen, die vom Nationalfonds mit Starttermin 1.10.2005 bewilligt wurden.

Heute 31.5.: Podiumsveranstaltung zu Sesam

Veranstaltet von Forum für Zeitfragen und Katholische Erwachsenenbildung beider Basel:
Sesam – Kontroverse um ein Forschungsprojekt; ein Podium
Ein Podium mit einer Präsentation von sesam; mit einer Kontroverse zwischen einem sesam-Vertreter und einer Kritikerin; und einem Gespräch mit zwei BeobachterInnen der Debatte.
Details siehe Link oder hier linke Spalte ganz unten.

Dienstag, 30. Mai 2006

baz-Leserbrief: "Missbrauchsgefahr solcher Forschung"

zu Theodor Cahn: «Es wäre viel mehr Bescheidenheit angesagt»; baz 19. 5. 06; Leserbrief: Eskalation der Argumentation; baz 27. 5. 06

Die Zuständigen des Nationalfonds täten gut daran, die Literatur um 1930 zur wissenschaftlichen Erfassung der Risikofaktoren für gesunde oder kranke Entwicklung zur Kenntnis zu nehmen. Immerhin hat der Leiter des sesam-Projekts 2005 im Originalton versprochen, mit sesam würde endlich wissenschaftlich fassbar, was angeboren, was erworben sei (WOZ 10. 3. 05), und dies ermögliche bessere Prävention. Wenn die baz-Journalisten die Frage stellen, wie die Verbindungen zur Eugenik in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts sei, so beweisen sie damit einfach, dass sie das damalige Forschungsverständnis und den Glauben an den wissenschaftlichen Machbarkeitswahn kennen und die unsäglichen Konsequenzen, die in der NS-Diktatur daraus gezogen wurden. Wenn Philippe Trinchan, Presse- und Informationsdienst des Schweizerischen Nationalfonds (SNF), diese Zusammenhänge nicht kennt und deren Erwähnung «ungeheuerlich» nennt, ist es so, wie wenn es «ungeheuerlich» wäre, im Zusammenhang mit Atomenergie zu erwähnen, dass diese die Voraussetzung ist für Atombomben. Der SNF-Informationsbeauftragte hätte beruhigender gewirkt, wenn er, statt auf der baz und Herrn Theodor Cahn herumzuhacken, die Missbrauchsgefahr solcher Forschung anerkannt und deutlich gemacht hätte, wie beim SNF und durch die sesam-Verantwortlichen die entsprechend angesagte Sorgfaltspflicht wahrgenommen wird. Information ist Macht. Beim Erheben und Verwenden von so sensiblen Entwicklungs- und Gesundheitsdaten wird Misstrauen zur Pflicht, um gewollten oder ungewollten Missbrauch zu verhindern.

Ursula Walter, Basel

Montag, 29. Mai 2006

Sesam-Datenbank entsteht in Zürich

dbsesamlogoDie Website von Sesam gibt keine Auskunft darüber, wer sich um die Datenbank kümmert, in der das Material landet, das Sesam sammelt. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, wie zentral dieses Element ist für den Ablauf von Sesam. Es ist wohl kaum übertrieben anzunehmen, dass die Sesam-Datenbank Dreh- und Angelpunkt des ganzen Unterfangens ist. Angesichts der Menge und Diversität der anfallenden Informationen, ist das Design, die Robustheit und die Sicherheit der Datenablage vielleicht gar "matchentscheidend". Fast das Einzige aber, was über den Umgang mit den Daten zu erfahren ist, ist dies:
Wo werden die erhobenen Informationen gespeichert?
Alle Informationen werden auf einem streng gesicherten Datenserver gespeichert. Die Auswertungen erfolgen anonymisiert, es werden keine personenbezogenen Daten an Dritte weitergegeben. Die Bestimmungen des eidgenössischen Datenschutzes werden jederzeit eingehalten.
Darum als Ergänzung: Das Datenbankdesign entsteht an der Uni Zürich am Institut für Informatik, einem Teil der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, und liegt dort in den Händen von Projektleiter Boris Glavic. Er hat 2005 sein Diplom in Computerwissenschaften erhalten von der Technischen Hochschule Aachen und hat bisher 2 Aufsätze publiziert. Beide befassen sich mit Fragen des Datamining in der Hydrologie. Glavics Betreuer ist Prof. Klaus R. Dittrich. Das Projekt dahinter hat seine eigene Homepage. Dort steht unter anderem:
The sesam study will generate a large amount of data like questionnaires, biological analysis, genetic data, multimedia content and sequence data. The aim of sesam-db is to design and implement a database with appropriate client software to manage these different types of data and related metadata. Besides the storage and management of data, sesam-db will be used to support the sesam project workflow. Because most of the collected data include personal information about subjects, the sesam project has high requirements on the security of the managed data.
From the computer scientist`s point of view, the sesam project offers the opportunity to apply a variety of database techniques and concepts to a real-world application and extend our understanding of how to manage these complex data analysis requirements. Concepts and techniques of interest include workflow management, data lineage / versioning, quality management, data security management and management of multimedia and sequence data. Possible future research directions of the project include data mining for plausibility checks and information extraction, automated generalisation, aggregation and restriction of data exports and generation of plausibility constraints out of questionnaire specifications.

Sonntag, 28. Mai 2006

Rehmann Sutter über HFG: "zu wenig differenziert"

Gefunden bei news.search.ch:
Forschung nicht gleich Therapie
Die nationale Ethikkommission hat das Gesetz über die Forschung am Menschen als zu wenig differenziert bezeichnet. Dies sagte Präsident Christoph Rehmann Sutter in der "Samstagsrundschau" von Schweizer Radio DRS (Direktlink zum Interview als MP3). Das Gesetz sei zu allgemein formuliert und beinhalte "Gummibegriffe". Ausserdem würde in dem Gesetz Forschung mit Therapie verwechselt, sagte Rehmann-Sutter weiter. Der Bundesrat hatte Anfang Februar eine neue Verfassungsbestimmung und ein neues Gesetz über die Forschung am Menschen in die Vernehmlassung geschickt. Primäres Ziel ist der Schutz der Würde und Persönlichkeit des Menschen.

Rehmann Sutter äussert sich unter anderem auch - skeptisch - über über sesam. Hier der Ausschnitt (8 Min., sesam ist Thema nach etwa 4 Minuten): Ausschnitt von Samstagsrundschau vom 27.5.06

Nicht-autorisiertes Transkript des 8minütigen Ausschnitts:

Patrick Wülser: Bleiben wir bei uns und schauen wir, was wir für Kompromisse eingehen [nimmt Bezug auf Aussagen vorher]. Aktuell wär da das Gesetz über die Forschung am Menschen. Als konkretes Beispiel: In diesem Gesetz wird vorgeschlagen, dass erlaubt sein soll, Forschungsexperimente zu machen mit Leuten, die unmündig sind. Zum Beispiel mit Dementen oder geistig Behinderten. Was sind da die ethischen Überlegungen, dass man dem zustimmt? Oder dass ihre Kommission dem zustimmt?

Christoph Rehmann-Sutter: Wir sind da kritisch! Wir finden, dass das in dieser Allgemeinheit nicht zugelassen werden kann. Dass es nicht zugelassen werden soll, dass man Experimente mit nicht entscheidungsfähigen, also Unmündigen, machen darf. Im Gesetz ist nur gesagt, dass es ein Experiment sein muss, das dem Betroffenen etwas nützt.

Patrick Wülser: Dann soll's erlaubt sein?

Christoph Rehmann-Sutter: Dann soll's erlaubt sein, ja. Das scheint uns eine Verwechslung zwischen Therapie und Forschung. Das kann ja sein, sagen wir mal, es geht ganz konkret um z.B. Krebstherapien in Kliniken. Wenn die angeboten werden, dann ist das meist innerhalb einer Studie. Man begleitet die, man kontrolliert. Man verändert leicht die Dosierung oder die Kombination verschiedener Medikamente zu einem Therapieplan, die Intervalle, in denen man die Medikamente gibt, die variiert man und schaut, kommt's besser raus, wenn man's kürzer macht oder wenn man's länger macht.
Wahrscheinlich war das im Hintergrund, dass man gesagt hat, wenn es dem Betroffenen etwas nützt, also therapeutisch etwas bringt, dann darf's eigentlich keine Rolle spielen, ob es eine Forschung ist oder nicht.

Patrick Wülser: Aber Sie sind mir jetzt da leicht ausgewichen. Das leuchtet ja wahrscheinlich allen ein, die zuhören. Aber ich als Krebspatient bin ja in den meisten Fällen ansprechbar und kann selber entscheiden...

Christoph Rehmann-Sutter: Eben!

Patrick Wülser: ... ja, ich will das Risiko eingehen. Aber der heikle Punkt ist ja bei diesem Gesetz, dass man es vielleicht mit urteilsunfähigen Menschen auch machen würde.

Christoph Rehmann-Sutter: Genau. Ich wollte sagen, wir sind da kritisch dazu! Es ist für uns eine Verwechslung passiert zwischen dem therapeutischen Ziel und dem Forschungsziel. Das Forschungsziel hat nämlich, auch dann, wenn es ein therapeutisches Ziel dabei hat, dann ist es als solches nicht auf das Wohl des Individuums ausgerichtet.

Patrick Wülser: Also da seid ihr klar dagegen?

Christoph Rehmann-Sutter: Da sind wir dagegen, das so allgemein zu formulieren. Wir können uns vorstellen, dass es bei kleinen Kindern möglich sein muss. Weil man sonst gar keine Erkenntnisse gewinnen könnte über Therapien bei Kleinkindern. Weil kleine Kinder, die wollen nicht ins Spital. Und wenn man eine Therapie machen muss, begleitet von einer kontrollierten Studie, dann muss man mit dem Kind ins Spital. Und wenn es heissen würde [im Gesetz], dass alle Anzeichen von Ablehnung - also auch nicht ins Spital gehen wollen - es unmöglich machen würden, das Kind in die Studie einzubeziehen, dann würde man wohl dem Kind nichts Gutes tun.

Patrick Wülser: Das ist ja auch im Gesetz: Wenn Behinderte oder urteilsunfähige Leute Anzeichen von sich geben, dass sie wirklich nicht mitmachen wollen, dann muss das Experiment abgebrochen werden. Behindertenorganisationen sagen da, das sei ganz, ganz heikel: Wer beurteilt dann, was ist ein Zeichen von Ablehnung? Wann bricht man so etwas ab? Ich denke, da ist man in einem ethisch ganz heiklen Bereich.

Christoph Rehmann-Sutter: Das ist wahrscheinlich in der Realität ein Gummibegriff. Gerade beim Beispiel: Ist die Ablehnung, ins Spital zu gehen, eine Ablehnung des Forschungsprojektes? Oder heisst es einfach: Ich will nicht ins Spital! Oder muss es eine Ablehnung sein: Ich will keine Spritzen bekommen! Oder muss es eine Ablehnung sein: Ich will nicht mit diesem Doktor zusammenarbeiten, weil das ist ein Forscher! Da gibt es unterschiedliche Grade und das Problem sehe ich voll. Das ist sehr schwierig in der Praxis. Da ist das Gesetz, denke ich, im Moment noch nicht genügen differenziert.

Patrick Wülser: Spannend ist ja auch: Während wir hier gerade theoretisch diskutieren über dieses Gesetz, über Experimente an urteilsunfähigen Menschen - darüber wird noch diskutiert, ethisch und politisch im Parlament - da ist genau ein solches Experiment am Anlaufen - ich glaube im Oktober - in Basel, bei dem man 3'000 Embryonen, 3'000 Menschen will man quasi vom Embryonalstadium bis ins Erwachsenenstadium begleiten. Im Embryonalstadium will man die Herztöne abhorchen und die Bewegungen beobachten. Und das wird dann weitergehen. Also: Man macht das ja eigentlich bereits! Und die kann man ja nicht fragen, ob sie das wollen oder nicht, sondern die werden das einfach dann mal vernehmen, wenn sie erwachsen sind!

Christoph Rehmann-Sutter: Aber das ist genau das Problem da dran! Die Studie, sie sprechen die Sesam-Studie an, die muss jetzt erst noch einzelstudienmässig durch die Ethikkommission beurteilt werden. Und es ist noch überhaupt nicht klar, wie das dann tatsächlich bewilligt werden wird. Es ist im Moment noch keine Einzelstudie bewilligt. Es darf also noch nichts getan werden mit Familien oder mit Kindern!

Patrick Wülser: Darf ich schliessen aus Ihrem Gesichtsausdruck, da haben Sie Vorbehalte bei diesem grossen Sesam-Projekt, dass man bereits an Embryonen, an Menschen forscht, die noch nicht mal auf der Welt stehen und also gar nichts zu sagen haben, ob sie wollen oder nicht.

Christoph Rehmann-Sutter: Also da muss man sicher erst mal von einer kritischen Ausgangsposition aus starten. Es kann sein, dass man dann sieht, dass das etwas ist, was diese Familien gar nicht stört.

Patrick Wülser: Aber es geht da ja nicht um die Familien, sondern der Betroffene, der ist da im Mutterbauch!

Christoph Rehmann-Sutter: Es kann sein, dass dieser Betroffene im Mutterbauch gar nicht negativ betroffen ist. Dann muss man es vielleicht anders anschauen. Wenn er aber möglicherweise negativ betroffen ist durch eine Prognose, die daraus resultiert, oder durch die Erwartung, "Ich bin da in der Studie, da geht's um psychische Gesundheit und psychische Krankheit. Bin ich vielleicht auch so einer, der vielleicht auch eine psychische Krankheit bekommt?", also wenn diese Botschaft rüberkommt bei den Kindern, dann kann das ein Problem sein, weil das eine Art "selffullfilling prophecy" generieren kann. Diese Fragen muss man da ganz genau anschauen.

Patrick Wülser: Also kann man sagen, das Heikle sind Dinge, bei denen man den Betroffenen nicht fragen kann. Entweder er ist urteilsunfähig oder er ist noch gar nicht auf der Welt oder er liegt im Koma. In dem Gesetz gibt es auch Vorschläge, dass in der Notfallmedizin, wenn ich eingeliefert werde und nicht ansprechbar bin, dass man eventuell da auch ein Experiment machen darf. Die Antwort ist immer: Wenn's allen dient, wenn's ein Mehrwert gibt für die ganze Gesellschaft, dann könnte es erlaubt sein. Ist diese Rechnung zulässig so?

Christoph Rehmann-Sutter: Ich würd's sogar noch etwas kritischer sagen: Auch dort, wo die Betroffenen gefragt werden können, ist nicht sicher, dass es zulässig ist! Oder dass es gut ist, das zu tun. Es gab ja dieses Experiment in London, Northwick Hospital, mit dem Wirkstoff TGN 1412 bei dem 8 Versuchspersonen, die freiwillig mitgemacht haben, die die Information gelesen hatten, und zugestimmt hatten, dass sie mitmachen wollten als Freiwillige. Die hatten ganz schlimme Gesundheitsbeeinträchtigungen. Sie sind fast gestorben. Sie mussten intensiv behandelt werden.
Der Fall zeigt mir, dass man mit der informierten Zustimmung ein Experiment nicht legitimieren kann. Es braucht eine zusätzliche Ebene, die prüfen muss: Ist das gefährlich? Die Versuchsperson selber kann das je nach dem gar nicht beurteilen. Da braucht man manchmal sehr spezialisiertes Wissen. Jetzt in dem Fall muss man Immunologe sein, um überhaupt zu merken, was ein monoklonaler Antikörper für einen Effekt haben kann auf das Immunsystem!

Samstag, 27. Mai 2006

"Eskalation der Argumentation": Pressechef Nationalfonds in Leserbrief an baz

zu «Es wäre viel mehr Bescheidenheit angesagt»; baz 19. 5. 06

Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) begrüsst den sachlichen öffentlichen Diskurs wissenschaftlicher Themen. Mit Bedauern muss er nun jedoch zur Kenntnis nehmen, dass in der Berichterstattung der baz zum NFS Sesam der Uni Basel eine Eskalation der Argumentation zu beobachten ist, welche einer konstruktiven Diskussion nicht dienlich ist. Im Interview mit Chefarzt Theodor Cahn wird ein ungeheuerlicher Zusammenhang von Sesam mit der Eugenik und Vernichtungsaktionen im Dritten Reich hergestellt und gar als Zitat in den Vordergrund gerückt. Es ist das Recht von Herrn Cahn, sich als Psychoanalytiker zu Sesam zu äussern, doch sollte unabhängig von Meinungsverschiedenheiten wissenschaftlicher Schulen äusserst vorsichtig umgegangen werden mit solch schwerwiegenden, in diesem Fall in keiner Weise fundierten historischen Vergleichen. Sesam ist vom SNF, basierend auf einer internationalen Expertenevaluation, vorgeschlagen und vom Bundesrat aufgrund seiner dringlichen Fragestellungen zur psychischen Gesundheit der Bevölkerung zum Nationalen Forschungsschwerpunkt bestimmt worden. Herr Cahn hat selbst erwähnt, dass es im heutigen Wissenschaftsbetrieb glücklicherweise effiziente Sicherungen gegen missbräuchliche Forschung gibt, und dies im Interesse der Forschenden und natürlich der Gesellschaft.


Philippe Trinchan, Presse- und Informationsdienst des SNF, Bern

Mittwoch, 24. Mai 2006

Leserbrief in der baz

Zu «Es wäre viel mehr Bescheidenheit angesagt»; baz 19. 5. 06

Für bedenklich halte ich zwei Argumentationslinien in den Äusserungen von Theodor Cahn: 1. Herr Cahn bringt sesam in Zusammenhang mit Eugenik und der deutschen nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Er erhärtet diesen Zusammenhang inhaltlich in keiner Weise. Im Zusammenhang mit der Empfehlung von wissenschaftlicher Bescheidenheit an die Adresse der mehrheitlich aus Deutschland stammenden Projektleiter empfinde ich diese Argumentationslinie als ehrabschneidend, weil es das Gegenüber seiner wissenschaftlichen und menschlichen Seriosität beraubt. 2. Herr Cahn erweckt in dem Interview den Anschein, für die Psychoanalyse zu sprechen. Wie ist es dann zu erklären, dass mehrere Psychoanalytiker Mitantragsteller für sesam sind (siehe Homepage: www.sesamswiss.ch)? Zur Klarstellung: Ich selber bin an dem Projekt sesam nicht beteiligt.

Alexander Kiss, Professor für Psychosomatik, Universität Basel

Leserbrief vom 23.5.

Bei der Lektüre des Interviews zum Projekt sesam der Uni Basel, kam ich nicht mehr aus dem Staunen heraus. Da werden Fragen gestellt und beantwortet wie «Könnte man sagen, das Projekt beruhe auf sehr faktengläubigem Gedankengut?» Ich scheine verpasst zu haben, dass Fakten heutzutage scheinbar etwas Unanständiges sind. Aber, was ist denn die Alternative zu Fakten und, dass man sich bei der Beurteilung eines Sachverhalts auf Fakten abstützt? Ein Gedankengut, das jedem Scharlatan und Quacksalber Glauben schenkt? Ich bleibe auf jeden Fall Anhänger eines «faktengläubigen Gedankenguts» - und ich hoffe, die baz bleibt es auch.

Benedikt Schmidt, Pratteln

Basis von sesam-Teilprojekt "unzumutbar"

baz 23.05.06

Affenversuche an ETH sind «unzumutbar»
Ethische Bedenken gegen Tierversuche mit Menschenaffen - Forscher widersprechen

Autor: GERHARD LOB

Zwei Fachkommissionen kritisieren die Depressionsforschung an Äffchen an der ETH Zürich schwer. Sie fordern strengere Auflagen bei der Bewilligung von Versuchen mit Menschenaffen (Primaten). Tierversuche an grossen Menschenaffen sollen strikt verboten werden.

Die Eidgenössische Kommission für Tierfragen (EKTV) und die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) stellten gestern in Bern ihren gemeinsamen Ethikbericht zur Forschung an Menschenaffen vor. Auslöser für die Stellungnahme war ein Versuch an der ETH Zürich, der im vergangenen Sommer für einigen Wirbel gesorgt hatte.
Depression erforscht.
Beim mittlerweile eingestellten Experiment von Christopher Pryce, der auch Projektnehmer des Basler Nationalforschungsprogramms «Sesam» ist, wurden Marmosetten (Weissbüscheläffchen) am ETH-Labor für Verhaltensneurobiologie in Schwerzenbach im Bereich der Depressionsforschung eingesetzt. Die jungen Äffchen wurden dabei zwischen dem 2. und 28. Lebenstag gewaltsam und zu immer anderen Tageszeiten 30 bis 120 Minuten von ihren Müttern getrennt, um die Entstehung von Depressionen aufgrund von «Early Life Stress» zu untersuchen. Physiologische Untersuchungen, speziell auch die Messung von Stresshormonen im Urin der Affenbabys, sollten Aufschluss über die physiologischen, neurochemischen und neuroanatomischen Langzeitfolgen für die Äffchen geben. Primaten sind in der Depressionsforschung beliebt, weil ihre Psyche der des Menschen am ähnlichsten ist.
Grenze überschritten.
Für die beiden genannten Kommissionen hat dieser, von den Zürcher Instanzen bewilligte Versuch jedoch die Grenze des Zumutbaren überschritten. Die Versuche hätten zudem in den Schweregrad 3 kategorisiert werden müssen (siehe Text rechts). «Unabhängig von irgendwelchen damit verbundenen menschlichen Interessen sind sie aus ethischer Sicht nicht vertretbar. Auf den Erkenntnisgewinn ist deshalb grundsätzlich zu verzichten», heisst es im Bericht. An diesem Befund ändert auch nichts, dass die Autoren des Berichts die Forschung zur Bekämpfung der Depression ausdrücklich begrüssen.
Ausgehend von dieser konkreten Versuchsbeurteilung, haben die Kommissionen generelle Empfehlungen zu Tierversuchen mit Primaten formuliert. Wegen der kognitiven Fähigkeiten dieser Tiere sei bei der Bewilligung von Versuchen grössere Zurückhaltung angebracht. Zudem gebe es ein Belastungsausmass, welches den Tieren generell nicht zugemutet werden dürfe. Gesuche um Primatenversuche müssten zwingend interdisziplinär auf ihre Wissenschaftlichkeit und die Forschungsziele begutachtet werden. Gefordert wird zudem eine nationale Bewilligungsstelle.
Versuchsverbot.
Versuche an den grossen Menschenaffen - Bonobos, Schimpansen, Gorillas und Orang Utans - sollen gemäss Kommissionsvorschlägen gänzlich verboten werden. Belastende Versuche an ihnen seien grundsätzlich unzulässig. Einzig die beobachtende Forschung sei moralisch vertretbar.
Die Vorschläge der beiden eidgenössischen Kommissionen für den Umgang mit Experimenten an Primaten sind auf geteiltes Echo gestossen. Durch den Bericht seien Missverständnisse vorprogrammiert, teilte die ETH mit. Die Kommissionen leiteten ihre Empfehlungen aus einem einzigen Fall ab, machten die ETH-Vertreter gestern geltend. Skeptisch bis ablehnend reagierte auch Novartis in Basel (siehe Bericht auf Seite 1). Der Schweizerische Nationalfonds, der neben anderen Primatenversuchen auch die Krallenäffchen-Studie finanziell gefördert hatte, kündigte an, die Forderungen der beiden Kommissionen zu prüfen.
Belastung der Tiere kennt vier Stufen
Das Bundesamt für Veterinärwesen teilt Tierversuche in vier Belastungs-Schweregrade ein:
>Der Schweregrad 0 steht für Eingriffe und Handlungen, durch die den Tieren keine Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt werden. Beispiel: Blutentnahme.
>Unter den Schweregrad 1 fallen Eingriffe und Handlungen, die eine leichte kurzfristige Belastung (Schmerzen oder Schäden) bewirken. Beispiel: Injektion unter Zwang.
>Dem Schweregrad 2 werden Eingriffe und Handlungen zugeordnet, die eine kurzfristig mittelgradige oder mittel- bis langfristig leichte Belastung (wie Schmerzen, Schäden, schwere Angst) bewirken. Beispiele: Futter- oder Wasserentzug.
>Zum Schweregrad 3 werden Eingriffe und Handlungen gezählt, die eine schwere bis sehr schwere oder eine mittel- bis langfristig mittelgradige Belastung bewirken. Beispiele: Tödlich verlaufende Infektions- und Krebskrankheiten ohne vorzeitige Euthanasie.
Weitere Zeitungen: NZZ. Sesam reagierte gleichentags kurz und knapp:
Mitteilung der sesam-Leitung vom 23. Mai 2006

sesam hat den gemeinsamen Bericht der Eidg. Kommission für Tierversuche (EKTV) und der Eidg. Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) zur „Forschung an Primaten – eine ethische Bewertung“ zur Kenntnis genommen. Im Rahmen des sesam-Projektes sind keine Tierversuche geplant. Resultate der Grundlagenforschung zu Depressionen sind für sesam relevant. sesam wird bis Mitte Juni 2006 prüfen, ob sich aus dem Bericht der EKTV und der EKAH mögliche Implikationen für den Nationalen Forschungsschwerpunkt ergeben.
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Sesam Watch

Beobachtungen und Notizen zum Schweizer NCCR "Sesam", der 3'000 Kinder und ihr Umfeld vom ersten Ultraschallbild an 20 Jahre lang beobachten wollte (vorzeitiger Abbruch: 13.3.08). Autonom, skeptisch, ehrenamtlich. Kontakt: sesamwatch@gmail.com

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