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Hinweis

-+-+-+-+-+-+-+-

Montag, 19. September 2005

Stell Dir vor...

Vielleicht etwas polemisch zwar, aber als 1 Szenario unter 3'000 durchaus möglich: Stell Dir vor, Du entdeckst kurz vor Deinem 14. Geburtstag, dass Deine Eltern Unmengen Daten aus Deinem Leben bis hierhin an ein Forschungsprojekt namens SESAM verkauft haben. Gegen Aufwandentschädigungen finanzieller Art. Du findest in einer Schublade Deines Vaters einen vergilbten, 15 Jahre alten Vertrag, in dem steht, dass die Herren von SESAM von Deinen Herztönen noch im Mutterleib, über Deinen genetischen Fingerabdruck und die Diagnosen Deines Kinderarztes bis hin zu sämtlichen Schulzeugnissen und Prüfungen und der Fiche im Jugendstrafregister von Dir alles haben dürfen. Beide Omis und Opis haben auch getratscht über Dich und Deine Eltern bei SESAM, immer wieder in den letzten 14 Jahren. Von all dem wusstest Du bisher nichts. Und der Onkel der alle halbe Jahre zu Besuch kommt, seit Du denken kannst, der mit Dir immer so lustige Brettspiele macht und Dir merkwürdige Symbolfolgen vorlegt, der kommt auch von SESAM. Du suchst im Internet und erfährst, dass es noch 2'999 andere Menschen in ungefähr Deinem Alter gibt, deren Lebensdaten ebenfalls verkauft worden sind. Wie fühlt sich das an?
A propos Szenario: Den 3'000 Kindern mit ihren 6'000 Eltern und 12'000 Grosseltern (macht 21'000 Menschen, 3 Promille der CH-Bevölkerung) ist im Prinzip wohl Anonymität garantiert. Wie ist die zu gewährleisten? Mittelfristig werden wir alle jemanden kennen (oder jemanden kennen, die jemanden kennt), der zu einer SESAM-Familie gehört. Mittelfristig wird in jedem Schulhaus mindestens ein SESAM-Kind sein. Und früher oder später werden seine Gspöhnli das rauskriegen - und es deswegen bewundern oder hänseln oder beides. Es wird ein "Verein SESAMFamilien" entstehen. Es wird ein "Verein geschädigte SESAMFamilien" entstehen, der die vereint, deren Familienverband vermeintlich oder tatsächlich durch die jahrelange SESAM-Überwachung aus dem Lot geriet.
Meine Prognose als Laie: Mittelfristig wird die Studie an ihren eigenen Prämissen ersticken.

Basler Appell lanciert Petition

Soeben entdeckt:

(Basler Appell) Am 1. Oktober 2005 fällt der Startschuss für den Nationalen Forschungsschwerpunkt SESAM der Universität Basel. Ungeachtet davon muss die kantonale Ethikkommission das Projekt begutachten. Der Basler Appell gegen Gentechnologie lanciert jetzt eine Petition mit der Aufforderung an die Ethikkommission beider Basel, SESAM nicht zu bewilligen (Communiqué).

Freitag, 16. September 2005

Projektbeschrieb veröffentlichen?

Der Basellandschaftlichen Zeitung vom 14.9. ist zu entnehmen:

Die Vorbereitungsarbeiten sind gemacht. Der über 200-Seitige Projektbeschrieb liegt vor.

Liegt vor wo? Die Website von Sesam gibt sich weiterhin sehr zugeknöpft. Wär ja eine noble Geste, die wenig Aufwand verlangt, den Projektbeschrieb dort als .pdf-File öffentlich zugänglich zu machen. Was soll die Geheimniskrämerei? Im direkten Kontakt war nämlich wenig zu erfahren. Oder soll ich mich gar angelogen fühlen, wenn auf meine Anfrage vom 17.8. am 9.9. die im Gegensatz zur Aussage der bz stehende Antwort eintrudelt:

Die Förderung des durch das SNF unterstützten Projektes beginnt ab 1. Oktober 2005, weshalb wir bis dahin keine weiteren Informationen zu den geplanten Teilstudien haben werden als jetzt auf der SESAM-Homepage vorhanden.

"Wir werden bis 1.10. keine weiteren Informationen haben als auf der Homepage." vs. "Der über 200-Seitige Projektbeschrieb liegt vor."

männliche Ratio ws. weibliche Emotio

Ist es Interpretation der Journalistin oder sinngemässes Zitat, wenn Andrea Masek in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 14.9.05 schreibt, die Kritik mittels "Kampagne" sei "emotional" (Pascale Steck, Margrith von Felten und andere), Grob hingegen "versucht zu begegnen" mit "rationalen Argumenten"? Ein Griff tief in die patriarchale Mottenkiste zur Denunziation schon nur nachfragender Frauen ist es in jedem Fall:

Alexander Grob, stellvertretender Leiter des Projektes Sesam an der Universität Basel, findet es richtig und wichtig, dass über Sesam diskutiert wird. Er versucht, der emotionalen Kampagne vor allem des "Basler Appells" mit rationalen Argumenten zu begegnen. So stellt er gleich als erstes klar: "An Föten werden keine Interventionen vorgenommen, es wird kein Genmaterial entnommen."

"Foeten Genmaterial entnehmen"? 1. heisst "Genmaterial entnehmen" nichts und 2. hat davon gar niemand gesprochen. Es geht um die Genomanalyse, wofür es ausreicht, nachgeburtlich Gewebe / Blut zu entnehmen. Und das Genom der Beobachteten ist explizit einer der "specific research foci" von Sesam:

- genetics of positive mental health and psychopathology and its interactions with psychological and social factors

Heiligsprechung

Wieviel Kritik ist noch möglich an einem Grossprojekt, das der ehemalige Vizerektor der Universität Basel und in dieser Funktion Vorsteher des Ressorts Forschung, vielfältig engagierte Physikprofessor, Forschungspolitiker und ehemalige baselstädtische SP-Ständerat Gian-Reto Plattner adelt mit der folgenden Bezeichnung, die der Vizeleiter Sesam zitiert, gemäss der Basellandschaftlichen Zeitung vom 14.9.05, noch bevor das erste Teilprojekt gestartet ist?

"Ein Schatz von nationaler Bedeutung"

Wer wollte da noch Fragen stellen? Ein Zweifel bleibt: Hat Plattner dies wirklich gesagt? Die Quellenlage ist unklar. Ich konnte das Original nicht ausfindig machen, welches ihm direkt die Aussage in den Mund legt. In der bz behauptet Grob, Plattner habe dies gesagt, ohne die Quelle zu nennen. Die bz druckt die Aussage von Grob über Plattner, wohl unverifiziert:

Zudem werde die Studie je länger desto wertvoller; "ein Schatz von nationaler Bedeutung", wie der ehemalige Prorektor der Uni, Gian-Reto Plattner, Sesam bezeichnet habe, erklärt Grob.

Übrigens: Seit wann hat die Uni Basel einen "Prorektor"? Da hab ich wohl was verpasst...

Woher der Wind weht

basellandschaftliche Zeitung, vorgestern 14.9.: zwei längere Artikel über das Projekt Sesam (als Bilder: bz-14-09-05-1 (gif, 120 KB) bz-14-09-05-2 (jpg, 192 KB)). Alexander Grob, stellvertretender Leiter des Projektes auf die Frage, wie damit umzugehen sei, dass die Kinder, deren Leben 20 Jahre lang durchleuchtet werden sollen, ihr Einverständnis nicht geben können:

"Der Punkt ist", sagt er, "dass wir davon ausgehen, dass die Eltern zum wohl des Kindes entscheiden." Würden die Kinder etwa gefragt, ob sie geimpft werden wollen? Würden die Eltern den Foetus fragen, ob sie während der Schwangerschaft rauchen und trinken dürfen? Und würden die Erwachsenen nicht etwa täglich mit der Einnahme der Pille über das Leben eines Kindes entscheiden?

Die Pilleneinnahme sehen als täglichen Mord am ungeborenen Kind? Ratzinger lässt grüssen! Die christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegner frohlocken und singen "Halleluja!", dass ein Mann von dieser Geisteshaltung, also mindestens implizit einer der ihren, Vizechef von Sesam ist. Es kommt aber noch besser. Nochmals die basellandschaftliche:

Ganz anderer Art sind die ethischen Fragen, die für die Forscher relevant sind. "Was tun, wenn wir bei einer Untersuchung etwa einen Gehirntumor entdecken?", fragt sich Grob. Für solche Fälle wird man sich absichern und die Teilnehmenden eine Erklärung unterschreiben lassen.

Der Onkel von Sesam stellt also fest, dass die kleine Anna einen Gehirntumor entwickelt. Was soll der Onkel jetzt tun? Eine ethische Frage? Soll er den Eltern nichts sagen und als Beobachter zurücktreten und fasziniert zuschauen, wie sich das Familiensystem entwickelt, wenn ein Gehirntumor unentdeckt bleibt (Eine interessante Fragestellung, Herr Kollega, tatsächlich!)? Die Eltern haben ja unterschrieben, dass sie die Sesam-Onkelz von jeglicher Informationspflicht entbinden. Oder soll der Sesamonkel die kleine Anna retten indem er die Eltern informiert über etwas, das nur aufgefallen ist, weil Anna regelmässig untersucht wird (regelmässiger als Nicht-Sesam-Kinder)? Damit würde der Sesamonkel Anna einen Vorteil verschaffen gegenüber den Nicht-Sesam-Kindern. Aber der Sesamonkel greift in das Experiment "Annas Leben" ein und macht so sein Setting kaputt. Was für ein perverses Dilemma!
Und nochmals aus der Zeitung:

"Wir machen keine tiefenpsychologischen Studien der einzelnen Personen", fasst Grob zusammen, "sondern sehen uns Ausschnitte aus dem Alltag an". Denn das Umfeld zeige immer mehr Wirkung auf die Entwicklung des Kindes. Ein Kind wachse zum Beispiel im Kleinbasel anders auf, als eines in Riehen, verdeutlicht Grob. Ob die Eltern in einem Einfamilienhaus wohnen oder in einem Wohnblock, könnte ebenfalls eine Rolle spielen. In einem Block könnten etliche Belastungsfaktoren wie lärmende Nachbarn oder bellende Hunde dazukommen und ein Kleinkind vermehrt zum Schreien bringen.

Ich kenn das Resultat von Grobs vergleichender Studie über von bellenden Hunden und krakeelenden Nachbarn gestörte Kleinbasler BlockKidz einerseits und in sozialer Isolation gestillte, in Stoffwindeln gepackte Riehener Schuhschachtel-Kinder andererseits schon heute: Nur die Kleinfamilie im Reiheneinfamilienhaus garantiert die gemäss "SESAM-Standard 2026" als gesund geltende Normalbiographie des Sprösslings. Denn um die Definition von "gesund" geht es ziemlich explizit:

Gewisse so genannte Risikofaktoren haben ebenfalls - manchmal positiven, in anderen Fällen negativen - Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes und sollen genau studiert werden. Wie Grob erläutert, können dies Kindergarten- oder Schuleintritte, Wohnortswechsel, die Trennung der Eltern oder der Tod einer nahen Person sein. " Die Wissenschaft hat kaum Erkenntnisse darüber, was passiert, wenn sich solche Faktoren summieren", meint er. Solche Erkenntnisse soll Sesam liefern, damit die Frage "Was macht uns gesund?" beantwortet werden kann.

Was passiert mit der kleinen Anna, wenn während des Zügelns kurz vor dem Schuleintritt die Eltern sich scheiden lassen nach dem Tod der geliebten Grossmutter? Ein Fragestellung, die unbedingt der wissenschaftlichen Klärung bedarf, ganz offensichtlich!

Montag, 12. September 2005

Einsendeschluss

Morgen Dienstag ist Einsendeschluss für Bewerbungen um "HilfsassistentInnen"-Stellen bei Sesam. Aus der Ausschreibung im Netz:

Das Projekt
SESAM heisst der neue Nationale Forschungsschwerpunkt (NFS) zu seelischer Gesundheit. Kernstück von SESAM bildet die interdisziplinäre Beobachtung von 3000 individuellen Entwicklungsverläufen, beginnend in der zwölften Schwangerschaftswoche bis in das junge Erwachsenenalter, unter Einbezug der Eltern und Grosseltern. Damit wird erstmals der gesamte Verlauf jener "Risikoperiode" wissenschaftlich erfasst, in der die wichtigsten psychischen Störungen entstehen und in der die Grundlagen der Entwicklung von seelischer Gesundheit gelegt werden.
Weitere Informationen zum SESAM Projekt entnehmen Sie bitte unserer Homepage:
http://www.psycho.unibas.ch/sesam

Die Aufgaben
Sie übernehmen verschiedene organisatorische und wissenschaftliche Aufgaben im Rahmen von SESAM.
(...)
Besonders suchen wir Personen mit folgenden Fähigkeiten/Eigenschaften:
- Muttersprache Englisch,
- Muttersprache Französisch,
- Muttersprache Spanisch,
- Ausbildung als Krankenschwester/ -pfleger oder ähnliche Heilberufe.(...)

Sesam Watch auf 20 Jahre anlegen...?

Wenn Sesam 20 Jahre dauern soll, dann müsste eigentlich so etwas wie "Sesam Watch" auf mindestens ebenso lange angelegt sein. Wie wäre das zu leisten personell, organisatorisch, logistisch, IT-technisch? Der Aspekt soll nicht einschüchtern, aber wär wohl gut, ihn mitzudenken

Freitag, 9. September 2005

eher wortkarg

Meine Anfrage vom 17.8.05:
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich habe auf Ihrer Website eine Liste mit den Basisangaben zu den unter dem Dach von SESAM derzeit geplanten Forschungsarbeiten gefunden. Gibt es bereits einen Ort, an dem weitere Details darüber in Erfahrung zu bringen sind?
mit freundlichen Grüssen


Die Antwort von heute:
Sehr geehrter Herr Tschudin
Besten Dank für Ihr Interesse an der Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health (SESAM). Die Förderung des durch das SNF unterstützten Projektes beginnt ab 1. Oktober 2005, weshalb wir bis dahin keine weiteren Informationen zu den geplanten Teilstudien haben werden als jetzt auf der SESAM-Homepage vorhanden.
Im Laufe des ersten Förderungsjahres wird die Homepage aber weiter angepasst und mit den neusten Studieninformationen laufend ergänzt. Darüber hinaus wird ein Newsletter entstehen, worin wir Sie über den aktuellen Stand des Projektes informieren werden.
Mit freundlichen Grüssen
Marta Lajtman
SESAM Zentrale


Ich hatte erwartet, dass die "SESAM Zentrale" etwas freigiebiger ist mit Informationen zu den Einzelstudien. Es existieren doch wohl weitere Unterlagen, die genauer Auskunft geben könnten über Studienanlage, -ablauf und -zweck etc.

Donnerstag, 8. September 2005

baz: «Sesam»-Forschung nicht vor Oktober 2006

(baz, 8.9.05) ETHIK-PRÜFUNG STEHT AUS.
Der nationale Forschungschwerpunkt «Sesam» der Psychologischen Fakultät der Uni Basel startet am 1. Oktober - die Datenerhebung kann aber nicht vor Oktober 2006 beginnen. Dies sagte Gesundheitsdirektor Carlo Conti in seiner Antwort auf eine Interpellation von Margrith von Felten (BastA!). Zuerst müsse das Projekt der Basler Ethikkommission zur Prüfung vorgelegt werden. Diese sei nötig, weil «Sesam» eine Studie am Menschen sei. Das vom Nationalfonds unterstützte Projekt will 3000 Kinder ab der 12. Schwangerschaftswoche bis zum 20. Lebensjahr regelmässig untersuchen und dadurch Erkenntnisse über psychische Erkrankungen gewinnen. te

Montag, 5. September 2005

"Eine Gesellschaft in Angst"...

Spielt "Quer" von SF DRS das Spiel von Projekt Sesam? Wird Margraf darin vorkommen? On verra:

«Quer» berichtet am Freitag, 9. September 2005 über Angst vor Terror, vor Fremden und vor dem Leben. (...) Seit dem 11. September 2001 leben viele Menschen in Angst. Angst vor Terror, Angst vor Fremden, Angst vor dem Leben. Nicht dass diese Menschen krankhaft Angst haben, aber ihr Unbehagen zieht sich durch ihren Alltag. Verstärkt wird das Gefühl von den Medien, sagen die einen. Geschürt wird die Angst durch gewisse Politiker, sagen die anderen. Tatsache ist: Angst lähmt und schränkt die Lebensqualität ein. Und, permanente Angst kann krank machen.

Das erinnert schwer an Aussagen von Margraf, die allerdings schon einige Jahre alt sind.

Donnerstag, 1. September 2005

"Sesam" am Radio

SR DRS2 debattierte am Dienstag, 16.8., morgens von 9 bis 12 über das Projekt SESAM. Ab 9 Uhr im Studio:
  • Prof. Jürgen Margraf, Leiter SESAM
  • Prof. Christoph Rehmann-Sutter, Präsident Nationale Ethikkommission
  • Pascale Steck, Leiterin Basler Appell
  • Prof. Dieter Imboden, Präsident des Forschungsrats des Schweizerischen Nationalfonds.
Ab 9:35 konnte das Publikum per Telefon mitdiskutieren. In einer zweiten Runde um 11 Uhr war Klaus Peter Rippe, Ethiker in Zürich, im Studio. Und DRS öffnete ein Forum für das Thema.

Science Fiction oder Gegenwart?

Den Schlüssel zu «Sesam» bilden 3000 Kinder. Sie sind das Herzstück der Langzeitstudie, die bis ins Jahr 2026 laufen soll. Im grossangelegten Forschungsschwerpunkt werden sie von der Schwangerschaft an über die ersten Lebensjahre bis zum 20. Lebensjahr systematisch geprüft. Beginnend mit der ersten Ultraschalluntersuchung, nehmen die Forscher ein Profil des heranwachsenden Menschen auf. In der vorgeburtlichen Phase wird beispielsweise das Bewegungsverhalten im Mutterbauch vermessen und der Herzschlag analysiert. Daraus könne man auf das Stressverhalten des Embryos schliessen. Nach der Geburt wird das Schreiverhalten aufgezeichnet und die Reaktionen der Eltern darauf. Genetische Analysen werden erstellt und das Umfeld analysiert. Ziel ist es, die Daten mit der Entwicklung psychischer Störungen zu verbinden. Und zu schauen, was gesund macht. Das Kind wächst und mit ihm die Datenberge, die angehäuft werden. Nicht nur über das Kind: In Querschnittstudien werden auch die Eltern und Grosseltern befragt und studiert. Insgesamt wollen die Forscher mit «Sesam» die Daten von 15'000 bis 17 '000 Menschen sammeln. Natürlich nur mit deren Zustimmung und anonymisiert. Dies genüge, sagt Margraf, um zu statistisch abgesicherten Daten zu kommen. Etwa darüber, was eine psychische Störung hervorrufen kann, welche Kombination von biologischen, genetischen und sozialen Faktoren dafür verantwortlich sind. Und was dagegen unternommen werden kann.

Der Text ist aus der baz vom 23.3.05. Und Margraf ist Prof. Juergen Margraf von der Uni BS. SESAM - was macht uns gesund? ist ein insgesamt über 70 Millionen Fr. schwerer NFS ("Nationaler Forschungsschwerpunkt"). Die Berner Zeitung schreibt am 4.8. darüber:

Das Budget für die erste Phase bis 2009 beträgt 17 Millionen Franken. Bis dahin sind Bundesgelder in der Höhe von 10,2 Millionen bewilligt worden. Nach der kostenintensiven Startphase soll der jährliche Aufwand rund 3 Millionen betragen. Der offizielle Start ist am 1. Oktober dieses Jahres. Die Untersuchungen an Kindern beginnen am 1. Oktober 2006. Schon relativ rasch sollen erste Ergebnisse vorliegen. So zum Beispiel über den Einfluss der sozialen Belastung während der Schwangerschaft auf Geburtsgewicht, Schlaf- und Schreiverhalten des Säuglings.

Das EDI von Couchepin weiss jetzt schon:

Die Erkenntnisse von SESAM (Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health – Schweizerische ätiologische Studie zu Entwicklung und seelischer Gesundheit) ermöglichen es der Wissenschaft, den politisch Verantwortlichen und künftigen Generationen, das psychische Wohl des Landes nachhaltig zu stärken.

"Das psychische Wohl des Landes stärken", "nachhaltig"? SESAM plant Menschenversuche:

By adding an experimental manipulation of the nurture component of the assumed etiological factors (i.e., preventive intervention modules in precisely defined high-risk subjects), causal understanding will be enhanced.

SESAM sagt von sich selber:

In this way, the NCCR will help reduce or even avoid harm in human beings as well as reduce health care costs and increase competitiveness of the Swiss economy.

"Kosten im Gesundheitswesen runter" und "Wettbewerbsfähigkeit hoch"? Und weiter unten:

The NCCR will provide a large number of students and research assistants with an important opportunity to gain practical experience and acquire skills that will enhance their chances on the job market.

"Die Chancen der Forscher auf dem Arbeitsmarkt verbessern"? "Sesam" als die eierlegende Wollmilchsau mit Flügeln, die einer Strömung in der Psychologie das Goldene Zeitalter verspricht? Kritik meldet sich bisher (fast) keine, ausser:

(4.8.05) Der Basler Appell wehrt sich vehement gegen die Instrumentalisierung von Kindern zu Forschungszwecken. Wer schliesslich Zugriff auf die erhobenen Daten haben wird, ist unklar, denn als Geldgeber wird nicht nur auf Kanton und Nationalfonds, sondern auch auf die Pharmaindustrie gesetzt. SESAM ist aus den genannten Gründen mehr als fragwürdig. Der Basler Appell gegen Gentechnologie verlangt, dass das Projekt sistiert und endlich der kantonalen Ethikkommission vorgelegt wird. Der Verein wird gegebenenfalls Schritte unternehmen, gegen das Projekt rechtlich vorzugehen.

Der Verdacht bleibt, dass es darauf hinausläuft: 3'000 Kinder 20 Jahre lang totalüberwacht vom ersten Herzschlag an, 15'000 Menschen ringsum gleich mit, auf dass über diesen massenhaften Menschenversuch endgültig geklärt werde, warum die einen "nützliche Mitglieder der Gesellschaft" werden und die anderen unverbesserliche Punks (wobei ein Goldschatz an Rohdaten anfällt, der sich x-fach weiterverscherbeln lässt), alles überschrieben mit der verführerischen Frage "Was macht uns gesund?". Ist das mehr als nur eine totalitäre Männerphantasie? Unter den 15 "Principal Investigators" [davon sind 11 Deutsche] hat's 1 Frau)! Was damit aktuell läuft, weiss z.B. Google.

"Psychologie ist die Wissenschaft von der menschlichen Software."

Das sagt: Prof. Juergen Margraf, Leiter Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie, Uni Basel.

WOZ 10.3.05

«Wenn das Projekt bewilligt wird [Anm. d. Red.: Proj. SESAM ist bewilligt], eröffnet es eine neue Ära in der Gesundheitsforschung, indem es psychosoziale, genetisch-biologische und neurobiologische Ansätze interdisziplinär zusammenführt», sagt Projektleiter Jürgen Margraf, während seine Sekretärin im elegant eingerichteten Büro Kaffee serviert. Er wirkt in seinem anthrazitfarbenen Anzug eher wie ein Designer oder ein Manager denn wie ein Seelenkundiger. «Ich will herausfinden, wie viele psychische Krankheiten es gibt, bei welchen Bevölkerungsgruppen sie auftreten und welche Ursachen sie haben. Ich will wissen, warum Leute mit einem bestimmten genetischen Profil oder in bestimmten Lebensumständen erkranken, andere aber nicht und wie man die Erkrankung verhindern könnte. (...) Jeder Einzelne wird von Angesicht zu Angesicht von ausgebildeten Klinikern untersucht, mit strukturierten Interviews und einer verhaltensgenetischen Beobachtung in standardisierten Situationen», sagt Margraf. Von den ausgewählten Fällen hätten etwa vierzig Prozent eine Störung; bei einigen werde man intervenieren, sofern das Ethikkomitee damit einverstanden sei, beispielsweise bei akutem Suizidrisiko oder bei schwerem Missbrauch. Personen mit hohem Krankheitsrisiko erhielten eine vorbeugende Intervention. So werde mit Müttern die richtige Reaktion auf die Signale ihrer Kinder eingeübt, etwa auf das Schreien. «Das kann man früh trainieren, bei Hochrisikofamilien ist das wirkungsvoll.»
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Sesam Watch

Beobachtungen und Notizen zum Schweizer NCCR "Sesam", der 3'000 Kinder und ihr Umfeld vom ersten Ultraschallbild an 20 Jahre lang beobachten wollte (vorzeitiger Abbruch: 13.3.08). Autonom, skeptisch, ehrenamtlich. Kontakt: sesamwatch@gmail.com

Grundsätze



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