baz über Podium vom 9.2.
Stefan Stöcklin am 12.2. in der baz auf S. 19:
«sesam» erregt Gemüter
Podium thematisiert heikle Punkte - Kritik ist ungebrochen
Eine gut besuchte Veranstaltung an der Universität Basel widmete sich dem Forschungsprojekt «sesam». Die Verantwortlichen wurden vor allem mit kritischen Fragen konfrontiert.
Während die Ethikkommission beider Basel (EKBB) das Gesuch für das Forschungsprojekt «sesam» prüft, machte das «Centrum für Familienwissenschaften» das kontrovers diskutierte Projekt zum Thema einer Podiumsdiskussion an der Universität über Forschung an Kindern. Unter der Leitung von Klara Obermüller (bekannt als Autorin und Moderatorin der Sternstunde «Philosophie» beim Schweizer Fernsehen) wurden am Freitagabend einige der Kernpunkte des geplanten Projektes diskutiert. Und einmal mehr wurde an der von gut zweihundert Personen besuchten Veranstaltung deutlich, wie viel Gegenwind dem Projekt entgegenbläst. Denn sowohl von der Moderation als auch vom Publikum her wurden fast ausschliesslich kritische Fragen gestellt oder Feststellungen platziert.
Weichenstellungen
In einer ersten Runde fasste der stellvertretende Direktor des «Nationalen Forschungsschwerpunktes», Alexander Grob, kurz zusammen, weshalb die gross angelegte Studie an 3000 Kindern, die ab der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum 20. Altersjahr untersucht werden sollen, nötig sei. Sein Hauptargument ist, dass viel zu wenig über die Einflüsse und biologischen Faktoren bekannt sei, die bei Kindern zu einer gesunden Entwicklung führten.
Weil entscheidende Weichenstellungen früh in der Kindheit gestellt würden, müsse man mehr darüber in Erfahrung bringen. Diese Wissenslücken könnten mit «sesam» zumindest teilweise gefüllt werden; die Erkenntnisse könnten zudem für eine wirksame Prävention psychischer Krankheiten genutzt werden.
Missbrauchsgefahr
Die Psychologin Ursula Walter führte als Kritikerin einige der heiklen Punkte an. Sie bemängelte insbesondere den allumfassenden Anspruch des Projektes und sagte, man würde der Öffentlichkeit «zu grosse Versprechen machen, man habe sich zu weit aus dem Fenster gelehnt». Zudem würden die Forscher selbst die Situation in den Familien beeinflussen, man erhalte keine objektivierbaren Daten.
Schliesslich seien die geplanten DNA-Untersuchungen undurchsichtig und Anlass zu grossen Bedenken. Alexander Grob bestritt den «absoluten Wahrheitsanspruch» ebenso wie die Gefahr eines Missbrauchs genetischer Daten. Da werde man sich an die Vorgaben der EKBB halten sowie an die Datenschutzreglemente.
Viel Platz nahm an der Veranstaltung das Thema Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Kindern ein. Es geht hier um die Frage, ob die Eltern für ihre noch ungeborenen Kinder in ein Forschungsprojekt einwilligen dürfen, das ihnen keinen unmittelbaren Nutzen bringt.
Der Rechtsphilosoph Kurt Seelmann von der Universität Basel führte aus, dass das Kindswohl in den aktuellen Gesetzen sehr hoch bewertet ist und die Verfügungsgewalt der Eltern engen Grenzen unterliegt. Massgeblich sei, so Seelmann, ob sich für die Beteiligten ein Nutzen ableiten lasse oder nicht. «Wenn ‹sesam› einen Nutzen für die Betroffenen ausschliesst», so Kurt Seelmann, «dann wirds schwierig.» Alexander Grob hingegen machte klar, dass sowohl im geplanten Humanforschungsgesetz als auch in der Biomedizin-Konvention diese fremdnützige Forschung in Abwägung von Nutzen und Risiken erlaubt sei.
Baldiger Entscheid
Moderatorin Klara Obermüller kam unter anderem auf die lange Vorlaufszeit des Projektes zu sprechen und die Kritik in der Öffentlichkeit. «Haben Sie Fehler gemacht», fragte sie Alexander Grob. «Wir würden verschiedene Dinge anders machen», sagte dieser, man halte mit «sesam» aber auch den Kopf für «gewisse Dinge» hin, weil die Rechtslage momentan wegen dem Humanforschungsgesetz in Diskussion sei.
Man darf gespannt sein, zu welchem Entscheid die Experten der EKBB kommen werden. Mit ihrem Verdikt ist in ein bis zwei Monaten zu rechnen.
«sesam» erregt Gemüter
Podium thematisiert heikle Punkte - Kritik ist ungebrochen
Eine gut besuchte Veranstaltung an der Universität Basel widmete sich dem Forschungsprojekt «sesam». Die Verantwortlichen wurden vor allem mit kritischen Fragen konfrontiert.
Während die Ethikkommission beider Basel (EKBB) das Gesuch für das Forschungsprojekt «sesam» prüft, machte das «Centrum für Familienwissenschaften» das kontrovers diskutierte Projekt zum Thema einer Podiumsdiskussion an der Universität über Forschung an Kindern. Unter der Leitung von Klara Obermüller (bekannt als Autorin und Moderatorin der Sternstunde «Philosophie» beim Schweizer Fernsehen) wurden am Freitagabend einige der Kernpunkte des geplanten Projektes diskutiert. Und einmal mehr wurde an der von gut zweihundert Personen besuchten Veranstaltung deutlich, wie viel Gegenwind dem Projekt entgegenbläst. Denn sowohl von der Moderation als auch vom Publikum her wurden fast ausschliesslich kritische Fragen gestellt oder Feststellungen platziert.
Weichenstellungen
In einer ersten Runde fasste der stellvertretende Direktor des «Nationalen Forschungsschwerpunktes», Alexander Grob, kurz zusammen, weshalb die gross angelegte Studie an 3000 Kindern, die ab der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum 20. Altersjahr untersucht werden sollen, nötig sei. Sein Hauptargument ist, dass viel zu wenig über die Einflüsse und biologischen Faktoren bekannt sei, die bei Kindern zu einer gesunden Entwicklung führten.
Weil entscheidende Weichenstellungen früh in der Kindheit gestellt würden, müsse man mehr darüber in Erfahrung bringen. Diese Wissenslücken könnten mit «sesam» zumindest teilweise gefüllt werden; die Erkenntnisse könnten zudem für eine wirksame Prävention psychischer Krankheiten genutzt werden.
Missbrauchsgefahr
Die Psychologin Ursula Walter führte als Kritikerin einige der heiklen Punkte an. Sie bemängelte insbesondere den allumfassenden Anspruch des Projektes und sagte, man würde der Öffentlichkeit «zu grosse Versprechen machen, man habe sich zu weit aus dem Fenster gelehnt». Zudem würden die Forscher selbst die Situation in den Familien beeinflussen, man erhalte keine objektivierbaren Daten.
Schliesslich seien die geplanten DNA-Untersuchungen undurchsichtig und Anlass zu grossen Bedenken. Alexander Grob bestritt den «absoluten Wahrheitsanspruch» ebenso wie die Gefahr eines Missbrauchs genetischer Daten. Da werde man sich an die Vorgaben der EKBB halten sowie an die Datenschutzreglemente.
Viel Platz nahm an der Veranstaltung das Thema Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Kindern ein. Es geht hier um die Frage, ob die Eltern für ihre noch ungeborenen Kinder in ein Forschungsprojekt einwilligen dürfen, das ihnen keinen unmittelbaren Nutzen bringt.
Der Rechtsphilosoph Kurt Seelmann von der Universität Basel führte aus, dass das Kindswohl in den aktuellen Gesetzen sehr hoch bewertet ist und die Verfügungsgewalt der Eltern engen Grenzen unterliegt. Massgeblich sei, so Seelmann, ob sich für die Beteiligten ein Nutzen ableiten lasse oder nicht. «Wenn ‹sesam› einen Nutzen für die Betroffenen ausschliesst», so Kurt Seelmann, «dann wirds schwierig.» Alexander Grob hingegen machte klar, dass sowohl im geplanten Humanforschungsgesetz als auch in der Biomedizin-Konvention diese fremdnützige Forschung in Abwägung von Nutzen und Risiken erlaubt sei.
Baldiger Entscheid
Moderatorin Klara Obermüller kam unter anderem auf die lange Vorlaufszeit des Projektes zu sprechen und die Kritik in der Öffentlichkeit. «Haben Sie Fehler gemacht», fragte sie Alexander Grob. «Wir würden verschiedene Dinge anders machen», sagte dieser, man halte mit «sesam» aber auch den Kopf für «gewisse Dinge» hin, weil die Rechtslage momentan wegen dem Humanforschungsgesetz in Diskussion sei.
Man darf gespannt sein, zu welchem Entscheid die Experten der EKBB kommen werden. Mit ihrem Verdikt ist in ein bis zwei Monaten zu rechnen.
patpatpat - 12. Feb, 14:41