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MLZ vom 14.3.08: «Der Anspruch war zu hoch»

Interview: Der Basler Entwicklungspsychologe Alexander Grob über das Aus von Sesam Unablässige Kritik habe dem Projekt geschadet, meint der Sesam-Vizedirektor.

Von Irène Dietschi

Herr Grob, was hat die Sesam-Leitung falsch gemacht?

Alexander Grob: Wenn wir das wüssten, hätten wir uns eine zweite Chance gegeben. Wir können nur feststellen, dass wir unser Ziel, 3000 Frauen zu rekrutieren, nicht erreicht haben. In Basel hätten wir von Oktober bis jetzt 120 Frauen rekrutieren sollen, tatsächlich waren es nur 20. In den anderen Sesam-Städten waren die Zahlen ähnlich schlecht.

Ihnen wird vorgeworfen, Sie hätten Kritik von Anfang an in den Wind geschlagen, zum Beispiel wider besseres Wissen nur Deutsch und Französisch sprechende Frauen zugelassen.

Grob: Aufgrund der Zahlen, die wir an den Sesam-Standorten erhoben, hätten wir genügend rekrutierbare Frauen gehabt, auch wenn wir uns auf Deutsch und Französisch sprechende beschränkten. Richtig ist, dass der Anteil der Migrantinnen hoch ist. Im ursprünglichen Studiendesign wollten wir noch andere Sprachen berücksichtigen › Spanisch, Türkisch, Kroatisch und Tamilisch standen zur Disposition. Der Mehraufwand wäre allerdings enorm gewesen. Den Bewilligungsinstanzen war dies zu teuer. Zu den kritischen Stimmen: Wir waren sehr offen diesbezüglich. Es gab zum Beispiel das Sesam-Forum, ein Begleitforum der Bevölkerung, oder ein Fachgremium, das uns zum Patientenrecht, zu ethischen Fragestellungen usw. auf die Finger schauen wollte.

Trotzdem ist die Kernstudie gescheitert. Was war der Hauptgrund?

Grob: Es gab erstens weniger rekrutierbare Frauen, als wir dachten. Zweitens konnte Sesam zu wenig aktiv auf diese Frauen zugehen. Schwangere wurden bei der Kontrolle im Spital kurz auf das Projekt angesprochen und mit einer ausführlichen Broschüre bedient, dann hatten sie sechs Wochen lang Zeit, um sich zu entscheiden. In der Broschüre war viel von Risiken die Rede, und am Schluss mussten die Frauen ihre schriftliche Einwilligung mit zahlreichen Unterschriften leisten. Möglich, dass dieses aufwändige Prozedere abschreckte.

Sie waren im Vorfeld massiver Kritik ausgesetzt: Sesam sei ethisch nicht zu verantworten, das Projekt trage sogar eugenische Tendenzen.

Grob: Dieses Kesseltreiben hat uns extrem geschadet. Der Basler Appell gegen Gentechnologie sammelte Tausende von Unterschriften, in Bern reichte die grüne Nationalrätin Maya Graf eine Interpellation gegen Sesam ein. Die Voraussetzungen waren von Anfang an schlecht. Noch nie hat ein sozialwissenschaftliches Forschungsprojekt in der Schweiz so viel Publicity bekommen wie Sesam, und zwar negative. Eine fundamentalistische Gegnerschaft hat diese Kritik systematisch vorangetrieben. Dazu gehörten auch gewisse Medien.

Auch besonnenere Exponenten wie etwa Remo Largo fanden, Sesam habe unglücklich kommuniziert.

Grob: Das trifft vielleicht auf die Phase ganz am Anfang zu. Insgesamt aber kann man uns diesen Vorwurf mit Sicherheit nicht machen. Ich sehe es eher so, dass der Anspruch an die Beteiligten insgesamt zu gross war: «3000 Frauen, 20 Jahre lang, ich bin ein Teil davon, und wenn ich Ja sage, komme ich vielleicht nie wieder raus» obwohl man jederzeit hätte aussteigen können. Vielleicht wurde dies als Hürde wahrgenommen, die für die meisten zu hoch war. Hätten wir eine kleinere Studie mit kürzerer Laufzeit geplant, dann hätten wir ganz andere Teilnehmerinnenzahlen gehabt.

Wie gross ist der Schaden für den Forschungsplatz Schweiz?

Grob: Ich glaube, dass Forscher und Forscherinnen sich künftig auch gut überlegen müssen, ob man vitale und relevante Fragestellungen wie die von Sesam, nämlich die Entwicklung der psychischen Gesundheit und Krankheit, in der Schweiz in diesem Umfang angehen kann. Die Antwort: An einem Projekt, das viel Unterstützung bekam, das von internationalen Experten mit Höchstnoten bedacht und von den nationalen Gremien als wichtig erachtet wurde, an diesem Projekt wurde exemplarisch gezeigt, dass dies in der Schweiz nicht geht.

Wie enttäuscht sind Sie persönlich?

Grob: Ich bin sehr betroffen. Doch ich habe eine Sorgfaltspflicht gegenüber der Öffentlichkeit, ich darf an der Realität nicht vorbeischauen. Gleichzeitig sind für mich die Fragestellungen von Sesam vital. Als unabhängiger Forscher will ich weiterhin versuchen, Antworten zu bekommen. Für mich ist psychische Gesundheit und die Entwicklung von Kindern in Systemen, also in Familien, das Forschungsthema. Und ich will herausfinden: Wie kann ich früh erkennen, ob ein Kind Gefahr läuft, sein Potenzial nicht ausschöpfen zu können.

Update

Sesam: Die Kernstudie des Nationalen Forschungsschwerpunkts Sesam hatte zum Ziel, die Faktoren für eine gesunde seelische Entwicklung zu erforschen. 3000 Kinder sollten von der Schwangerschaft bis ins Erwachsenenalter untersucht und befragt werden. Auch Eltern und Grosseltern waren beteiligt. Sesam war von Anfang an umstritten. Insbesondere die vorgesehenen genetischen Tests stiessen auf Kritik. Ob die von der Kernstudie unabhängigen Teilstudien weitergeführt werden, ist noch offen.
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Sesam Watch

Beobachtungen und Notizen zum Schweizer NCCR "Sesam", der 3'000 Kinder und ihr Umfeld vom ersten Ultraschallbild an 20 Jahre lang beobachten wollte (vorzeitiger Abbruch: 13.3.08). Autonom, skeptisch, ehrenamtlich. Kontakt: sesamwatch@gmail.com

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Zuletzt aktualisiert: 10. Sep, 15:53

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