NZZaS: "Psychotherapie wird überwacht"
In der NZZaS schreibt Mathias Ninck über ein Thema, das dieselbe Zeitung bereits, unter Bezugnahme auf eine Studie deren Co-Autor Jürgen Margraf war, im vergangenen Dezember beschäftigt hatte (Reaktionen auf jenen Artikel):
Bundesrat Pascal Couchepin stellt bei der ärztlich verordneten Psychotherapie ein «Anschwellen der Leistungen» fest und suggeriert, viele Therapien würden unnötig verlängert. Um die Kosten des angeblichen Missbrauchs einzudämmen, sollen die Kontrollen verschärft werden. Die Psychotherapeuten bezeichnen die angestrebte Politik als realitätsfremd.
Vor einem Jahr hat Bundesrat Pascal Couchepin die Alternativmedizin aus dem Katalog gestrichen, der auflistet, welche Behandlungen von der Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt werden müssen. Kurpfuscherei seien die alternativen Heilmethoden, sagte sinngemäss der Gesundheitsminister, dessen zentrales Arbeitsfeld die immerfort steigenden Kosten der Volksgesundheit sind. Wenige Monate später, im Sommer 2005, richtete er aus, nun werde der «nächste grosse Brocken» in Angriff genommen, die ärztliche Psychotherapie. «Das Anschwellen der Leistungen in diesem Bereich in den letzten Jahren zeigt, dass etwas falsch läuft beim Rückgriff auf diese Heilmethode. Man wird den Zugang zur Psychotherapie limitieren müssen», sagte Couchepin am 21. März vor dem Nationalrat.
Mit der Revision der entsprechenden Leistungsverordnung betraute Couchepin den 61-jährigen Innerschweizer Arzt Hans Heinrich Brunner, ehemaliger Präsident der Ärzteorganisation FMH, kurzzeitiger Vizepräsident des Bundesamtes für Gesundheit und, nebenbei bemerkt, Autor des erfolgreichen Groschenromans «Doktor Landmann in der Entscheidung». Brunner soll dem Bundesrat bis zum 1. Juli zeigen, wie er den «wild wachsenden Baum der Psychotherapie zurechtstutzen» will (Brunners eigene Formulierung). Heute können Therapeuten Geld aus der Grundversicherung beziehen, wenn sie eine ärztliche Ausbildung haben oder im Auftrag eines Arztes arbeiten.
Früher Bericht erstatten
Inzwischen ist klar, wie die Eckwerte der neuen Verordnung aussehen. Die zentrale Änderung betrifft die Berichterstattung an die Krankenkasse. Während dem Vertrauensarzt der Kasse heute erstmals nach 60 Sitzungen «ein begründeter Vorschlag über die Fortsetzung der Therapie unterbreitet» werden muss, soll dies künftig gleich zu Beginn einer Therapie geschehen - «spätestens nach 7 oder 8 Sitzungen», sagt Brunner.
Der Therapeut schreibt einen Bericht, in dem er die Krankheit des Patienten umreisst und eine Behandlung vorschlägt. «Hat ein Therapeut keine klaren Vorstellungen davon, was er will, führt die Therapie in die Leere oder in ein pseudoreligiöses Abhängigkeitsverhältnis», sagt Brunner.
Nach 40 Sitzungen - also wenn laut Brunner «die Schwelle zur Langzeit- Therapie überschritten wird» - soll gemäss dem Verordnungsentwurf überprüft werden, ob eine Fortführung der Psychotherapie medizinisch sinnvoll ist. Diese zweite Überprüfung könne beispielsweise durch Einholen einer Zweitmeinung und allenfalls eine Befragung der Patienten geschehen, sagt Brunner. Oder, was eine «noch leicht futuristische Idee» sei, durch sogenannte Assessment-Zentren, in denen die Psychotherapien «unabhängig und professionell» besprochen würden.
«Die Abklärung, ob eine Therapie noch Effekte erzielen wird, kann man natürlich nicht in einem formalen Sinn machen», gesteht Brunner. «Aber es gibt ja so etwas wie den gesunden Menschenverstand.» Die Modalitäten der verschärften Überwachung in der Psychotherapie sind zwar nicht bis ins Detail geklärt, aber das Ziel ist umrissen: «Wir haben ganz klar einen Teil der Langzeittherapien im Visier. Die kosten ein Heidengeld», so Brunner.
Das Projekt wird mit Tempo vorangetrieben. Nach elf Anhörungen im März, an denen Vertreter der Psychologenverbände, der Psychiater, der Vertrauensärzte und der Kantone teilnahmen, schickt das Bundesamt für Gesundheit am kommenden Mittwoch den Verordnungsentwurf in die Vernehmlassung. Am 4. Mai kommt er vor die Eidgenössische Leistungskommission, bevor Couchepin darüber befindet. Brunner, der mit dem Bundesrat bei Projektbeginn Rücksprache genommen hat, erwartet «keine Opposition von seiner Seite».
Bei den Psychiatern und Psychotherapeuten ist Feuer im Dach. Ihre Verbandssprecher bestreiten zum einen, dass bei der Psychotherapie im grossen Stil Missbrauch betrieben wird. Psychotherapien machen in der Schweiz rund 2 Prozent der gesamten Gesundheitskosten von 50 Milliarden Franken aus. Nur «etwa ein Drittel der Therapien sind Langzeittherapien», sagt Rudolf Balmer von der Verbindung der psychiatrisch-psychotherapeutisch tätigen Ärzte (FMPP).
Undurchsichtige Seele
Den Anteil jener Therapien, die absichtlich in die Länge gezogen werden, schätzt Balmer als klein ein. «Für den Patienten ist eine Therapie kein Spass. Sie kostet ihn viel an zeitlichem und emotionalem Aufwand», sagt Balmer. Er frage sich schon, ob man wegen ein paar schwarzer Schafe das System derart verschärfen solle. Hans Heinrich Brunner geht - offenbar gestützt auf Aussagen von Vertrauensärzten - davon aus, dass «etwa jede fünfte Psychotherapie zu lange dauert», wie er sagt.
Für viele Psychotherapeuten ist die Forderung, zu Beginn einer Psychotherapie einen indikativen Bericht anzufertigen, eine Absurdität. «Die Seele ist kein Oberschenkel», sagt Thomas Merki, Psychoanalytiker und Vizepräsident des Schweizer Psychotherapeutenverbands (SPV). Während ein Oberschenkel bei zu grossem äusserem Druck breche und die richtige Heilmethode rasch, nämlich nach einer Viertelstunde, gefunden sei (Schienen und Ruhigstellen), reagiere die Psyche eines Menschen in nicht vorhersehbarer Art auf Belastungen. Deshalb müsse jede Therapie offen angelegt sein. «Ein Therapeut sagt nie: 'Das will ich, dahin geht die Reise.' Er kann das gar nicht, weil er nicht ins Innere des Patienten sieht wie der Chirurg, dem das Röntgenbild genügt für die Indikation.» Etwas mechanistisch sei Brunners Seelenbild schon, findet Merki.
Viele Psychotherapeuten finden es zum andern bedenklich, dass die neue Leistungsverordnung kurze Therapien fördert und lange einschränkt. Hans Kurt, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, sagt: «Das passt in die heutige gesundheitspolitische Strömung, in der man von Scheininvaliden redet. Psychische Erkrankungen werden zu Befindlichkeitsstörungen, und man diskreditiert Psychotherapien als Wellness.» Er sagt, bei vielen leidenden Menschen überlagerten sich mehrere Probleme und das könne man nicht rasch beheben. «Leute, die beispielsweise ständig Streit haben mit dem Arbeitgeber, die sich nicht an Regeln halten können oder Mühe haben im Umgang mit sich selber, die muss man in einer langen Beziehung durchtragen. Dann erfahren sie: Der Therapeut steht zu mir, auch wenn ich wieder Mist baue.» Eine solche Beziehung aufzubauen, brauche Zeit.
Heilung braucht Zeit
Auch andere Fachleute bezeichnen Brunners Vorlage als realitätsfremd. Wolfgang Roell, Psychoanalytiker in Zürich, findet sie «extrem schlecht». Jede Behandlung, die den Charakter eines Menschen betreffe, könne nicht in kurzer Zeit abgeschlossen sein - «unmöglich», sagt er. Roell erzählt von einem Klienten, der jahrelang erfolgreich war; er hat «im Beruf alles gemacht», bricht dann zusammen, wird suizidal und kommt in die Klinik. «Nach der Entlassung braucht ein solcher Mensch eine neue innere Justierung. Bis er am Punkt ist, wo er erkennt, dass er nicht permanent gegen seine Grenzen ankämpfen kann, dass er sie akzeptieren muss, vergehen viele Sitzungsstunden. Sehr viele.»
Die Branche ist allerdings gespalten. Manche Therapeuten sehen in ihrem Tun etwas, «das mit einer Heilmethode im medizinischen Sinn ohnehin nichts zu tun hat. Die Psychoanalyse unterminiert die Abgrenzung zwischen gesund und krank, statt sie als Bezugssystem vorauszusetzen», sagt Peter Schneider, Psychoanalytiker in Zürich. Sie diene der Erforschung, der Aufdeckung der eigenen Geschichte. Schneider hält deshalb das ganze Berichterstattungswesen für verlogen. «Kein Therapeut kann wissen, wie sich sein Klient entwickeln wird. Darum ist jeder Bericht an den Vertrauensarzt der Krankenkasse, der Prognosen enthält, eine Lüge - und dass viele Therapeuten auch sich selber belügen, indem sie den Bericht glauben, macht es nicht besser.»
Schneider schlägt vor, die Psyche «ausserhalb der Krankenkasse wie etwa den Hausrat zu versichern». Bei Bedarf an einer Psychoanalyse würde der Versicherungsbetrag pauschal abgerufen. Die Idee sei «originell», sagen Kollegen von ihm, aber auch weit entfernt von der aktuellen Debatte.
Hans Heinrich Brunner, der nie eine Psychotherapie gemacht hat, wie er sagt, weil «ich nicht gewusst hätte, wieso», betrachtet die Psychotherapie «pragmatisch»: Sie sei ein Heilmittel wie ein Medikament auch.
Bundesrat Pascal Couchepin stellt bei der ärztlich verordneten Psychotherapie ein «Anschwellen der Leistungen» fest und suggeriert, viele Therapien würden unnötig verlängert. Um die Kosten des angeblichen Missbrauchs einzudämmen, sollen die Kontrollen verschärft werden. Die Psychotherapeuten bezeichnen die angestrebte Politik als realitätsfremd.
Vor einem Jahr hat Bundesrat Pascal Couchepin die Alternativmedizin aus dem Katalog gestrichen, der auflistet, welche Behandlungen von der Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt werden müssen. Kurpfuscherei seien die alternativen Heilmethoden, sagte sinngemäss der Gesundheitsminister, dessen zentrales Arbeitsfeld die immerfort steigenden Kosten der Volksgesundheit sind. Wenige Monate später, im Sommer 2005, richtete er aus, nun werde der «nächste grosse Brocken» in Angriff genommen, die ärztliche Psychotherapie. «Das Anschwellen der Leistungen in diesem Bereich in den letzten Jahren zeigt, dass etwas falsch läuft beim Rückgriff auf diese Heilmethode. Man wird den Zugang zur Psychotherapie limitieren müssen», sagte Couchepin am 21. März vor dem Nationalrat.
Mit der Revision der entsprechenden Leistungsverordnung betraute Couchepin den 61-jährigen Innerschweizer Arzt Hans Heinrich Brunner, ehemaliger Präsident der Ärzteorganisation FMH, kurzzeitiger Vizepräsident des Bundesamtes für Gesundheit und, nebenbei bemerkt, Autor des erfolgreichen Groschenromans «Doktor Landmann in der Entscheidung». Brunner soll dem Bundesrat bis zum 1. Juli zeigen, wie er den «wild wachsenden Baum der Psychotherapie zurechtstutzen» will (Brunners eigene Formulierung). Heute können Therapeuten Geld aus der Grundversicherung beziehen, wenn sie eine ärztliche Ausbildung haben oder im Auftrag eines Arztes arbeiten.
Früher Bericht erstatten
Inzwischen ist klar, wie die Eckwerte der neuen Verordnung aussehen. Die zentrale Änderung betrifft die Berichterstattung an die Krankenkasse. Während dem Vertrauensarzt der Kasse heute erstmals nach 60 Sitzungen «ein begründeter Vorschlag über die Fortsetzung der Therapie unterbreitet» werden muss, soll dies künftig gleich zu Beginn einer Therapie geschehen - «spätestens nach 7 oder 8 Sitzungen», sagt Brunner.
Der Therapeut schreibt einen Bericht, in dem er die Krankheit des Patienten umreisst und eine Behandlung vorschlägt. «Hat ein Therapeut keine klaren Vorstellungen davon, was er will, führt die Therapie in die Leere oder in ein pseudoreligiöses Abhängigkeitsverhältnis», sagt Brunner.
Nach 40 Sitzungen - also wenn laut Brunner «die Schwelle zur Langzeit- Therapie überschritten wird» - soll gemäss dem Verordnungsentwurf überprüft werden, ob eine Fortführung der Psychotherapie medizinisch sinnvoll ist. Diese zweite Überprüfung könne beispielsweise durch Einholen einer Zweitmeinung und allenfalls eine Befragung der Patienten geschehen, sagt Brunner. Oder, was eine «noch leicht futuristische Idee» sei, durch sogenannte Assessment-Zentren, in denen die Psychotherapien «unabhängig und professionell» besprochen würden.
«Die Abklärung, ob eine Therapie noch Effekte erzielen wird, kann man natürlich nicht in einem formalen Sinn machen», gesteht Brunner. «Aber es gibt ja so etwas wie den gesunden Menschenverstand.» Die Modalitäten der verschärften Überwachung in der Psychotherapie sind zwar nicht bis ins Detail geklärt, aber das Ziel ist umrissen: «Wir haben ganz klar einen Teil der Langzeittherapien im Visier. Die kosten ein Heidengeld», so Brunner.
Das Projekt wird mit Tempo vorangetrieben. Nach elf Anhörungen im März, an denen Vertreter der Psychologenverbände, der Psychiater, der Vertrauensärzte und der Kantone teilnahmen, schickt das Bundesamt für Gesundheit am kommenden Mittwoch den Verordnungsentwurf in die Vernehmlassung. Am 4. Mai kommt er vor die Eidgenössische Leistungskommission, bevor Couchepin darüber befindet. Brunner, der mit dem Bundesrat bei Projektbeginn Rücksprache genommen hat, erwartet «keine Opposition von seiner Seite».
Bei den Psychiatern und Psychotherapeuten ist Feuer im Dach. Ihre Verbandssprecher bestreiten zum einen, dass bei der Psychotherapie im grossen Stil Missbrauch betrieben wird. Psychotherapien machen in der Schweiz rund 2 Prozent der gesamten Gesundheitskosten von 50 Milliarden Franken aus. Nur «etwa ein Drittel der Therapien sind Langzeittherapien», sagt Rudolf Balmer von der Verbindung der psychiatrisch-psychotherapeutisch tätigen Ärzte (FMPP).
Undurchsichtige Seele
Den Anteil jener Therapien, die absichtlich in die Länge gezogen werden, schätzt Balmer als klein ein. «Für den Patienten ist eine Therapie kein Spass. Sie kostet ihn viel an zeitlichem und emotionalem Aufwand», sagt Balmer. Er frage sich schon, ob man wegen ein paar schwarzer Schafe das System derart verschärfen solle. Hans Heinrich Brunner geht - offenbar gestützt auf Aussagen von Vertrauensärzten - davon aus, dass «etwa jede fünfte Psychotherapie zu lange dauert», wie er sagt.
Für viele Psychotherapeuten ist die Forderung, zu Beginn einer Psychotherapie einen indikativen Bericht anzufertigen, eine Absurdität. «Die Seele ist kein Oberschenkel», sagt Thomas Merki, Psychoanalytiker und Vizepräsident des Schweizer Psychotherapeutenverbands (SPV). Während ein Oberschenkel bei zu grossem äusserem Druck breche und die richtige Heilmethode rasch, nämlich nach einer Viertelstunde, gefunden sei (Schienen und Ruhigstellen), reagiere die Psyche eines Menschen in nicht vorhersehbarer Art auf Belastungen. Deshalb müsse jede Therapie offen angelegt sein. «Ein Therapeut sagt nie: 'Das will ich, dahin geht die Reise.' Er kann das gar nicht, weil er nicht ins Innere des Patienten sieht wie der Chirurg, dem das Röntgenbild genügt für die Indikation.» Etwas mechanistisch sei Brunners Seelenbild schon, findet Merki.
Viele Psychotherapeuten finden es zum andern bedenklich, dass die neue Leistungsverordnung kurze Therapien fördert und lange einschränkt. Hans Kurt, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, sagt: «Das passt in die heutige gesundheitspolitische Strömung, in der man von Scheininvaliden redet. Psychische Erkrankungen werden zu Befindlichkeitsstörungen, und man diskreditiert Psychotherapien als Wellness.» Er sagt, bei vielen leidenden Menschen überlagerten sich mehrere Probleme und das könne man nicht rasch beheben. «Leute, die beispielsweise ständig Streit haben mit dem Arbeitgeber, die sich nicht an Regeln halten können oder Mühe haben im Umgang mit sich selber, die muss man in einer langen Beziehung durchtragen. Dann erfahren sie: Der Therapeut steht zu mir, auch wenn ich wieder Mist baue.» Eine solche Beziehung aufzubauen, brauche Zeit.
Heilung braucht Zeit
Auch andere Fachleute bezeichnen Brunners Vorlage als realitätsfremd. Wolfgang Roell, Psychoanalytiker in Zürich, findet sie «extrem schlecht». Jede Behandlung, die den Charakter eines Menschen betreffe, könne nicht in kurzer Zeit abgeschlossen sein - «unmöglich», sagt er. Roell erzählt von einem Klienten, der jahrelang erfolgreich war; er hat «im Beruf alles gemacht», bricht dann zusammen, wird suizidal und kommt in die Klinik. «Nach der Entlassung braucht ein solcher Mensch eine neue innere Justierung. Bis er am Punkt ist, wo er erkennt, dass er nicht permanent gegen seine Grenzen ankämpfen kann, dass er sie akzeptieren muss, vergehen viele Sitzungsstunden. Sehr viele.»
Die Branche ist allerdings gespalten. Manche Therapeuten sehen in ihrem Tun etwas, «das mit einer Heilmethode im medizinischen Sinn ohnehin nichts zu tun hat. Die Psychoanalyse unterminiert die Abgrenzung zwischen gesund und krank, statt sie als Bezugssystem vorauszusetzen», sagt Peter Schneider, Psychoanalytiker in Zürich. Sie diene der Erforschung, der Aufdeckung der eigenen Geschichte. Schneider hält deshalb das ganze Berichterstattungswesen für verlogen. «Kein Therapeut kann wissen, wie sich sein Klient entwickeln wird. Darum ist jeder Bericht an den Vertrauensarzt der Krankenkasse, der Prognosen enthält, eine Lüge - und dass viele Therapeuten auch sich selber belügen, indem sie den Bericht glauben, macht es nicht besser.»
Schneider schlägt vor, die Psyche «ausserhalb der Krankenkasse wie etwa den Hausrat zu versichern». Bei Bedarf an einer Psychoanalyse würde der Versicherungsbetrag pauschal abgerufen. Die Idee sei «originell», sagen Kollegen von ihm, aber auch weit entfernt von der aktuellen Debatte.
Hans Heinrich Brunner, der nie eine Psychotherapie gemacht hat, wie er sagt, weil «ich nicht gewusst hätte, wieso», betrachtet die Psychotherapie «pragmatisch»: Sie sei ein Heilmittel wie ein Medikament auch.
patpatpat - 2. Apr, 18:17