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Aargauer Zeitung: "Margraf...
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Samstag, 25. März 2006

Sesam und "Woche des Gehirns"

Heute in der baz über die "Woche des Gehirns":

Jeweils um 19.30 beginnend, wird im Grossen Hörsaal des Zentrums für Lehre und Forschung an der Hebelstrasse 20 von Montag bis Freitag ein Panorama der Sinne gezeichnet, die uns im täglichen Leben begleiten. «Wie kommt Schall ins Gehirn» macht am Montag den Anfang. Da geht es um gutes Hören und dessen Erforschung. Am Dienstag ist die Nase vorn und geht es in einem moderierten Dreier-Gespräch um Rosen oder vielleicht gar um Bier, denn die Feldschlösschen-Sensorikerin Katharina Bitterli ist angesagt. Am Mittwoch ist das Auge und dessen Entwicklung im Fokus, mit dem bekannten Basler Entwicklungsbiologen Walter Gehring am Start. Am Donnerstag geht es um die guten und schlechten Seiten des Schmerzes und am Freitag um gute Gefühle. Da wird der Novartis-Forscher Hans-Rudolf Olpe über das Gehirn als Schauplatz der Emotionen berichten und Jürgen Margraf die Gelegenheit nutzen, den Zusammenhang zwischen positiven Emotionen und dem «sesam»-Projekt zu erklären.

(...)

Freitag, 31. März: «Was gute Gefühle in uns bewirken». Mit PD Hans-Rudolf Olpe, Dr. Dominik Bach und Prof. Jürgen Margraf.

Freitag, 24. März 2006

Interpellation Alder Finzen zu Sesam

Interpellation von Beatrice Alder Finzen vom 15. März 2006 im Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt:

Sesam ist ein Projekt, das über die Ursachen psychischer Krankheiten Aufschluss geben soll. Dazu soll die Entwicklung von 3000 Kindern und deren Familien über einen Zeitraum von 20 Jahren wissenschaftlich begleitet werden. Alle Details hier aufzuführen, würde zu weit führen. Wohl wissend um die Autonomie der Universität bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen.
1. Wie ist seine generelle Meinung zu diesem Projekt?
2. Teilt der Regierungsrat meine Meinung, dass, da sich die Uni bei aller Autonomie nicht im gesellschaftlichen Vakuum und rechtsfreien Raum bewegen kann, in diesem Fall die öffentliche Diskussion unabdingbar ist?
3. Wie kann diese gestaltet werden?
4. Wie können deren Ergebnisse in das Projekt einfliessen?
5. Wie kann garantiert werden, dass die öffentliche Kontrolle gewisser Standards wie Datenschutz, Autonomie der betroffenen Eltern und v.a. der minderjährigen Probandinnen und Probanden gewahrt wird?
6. Wie wird die Öffentlichkeit über den Verlauf des Projekts und allf. auftauchende Schwierigkeiten informiert?
7. Steht der Regierungsrat mit den Regierungen der anderen beteiligten Universitäten Bern, Lausanne, Genf im austauschenden Kontakt über diese und weitere Fragen?
Beatrice Alder Finzen

Donnerstag, 23. März 2006

Weltwoche: "Sesam, Sackgasse"

Theres Lüthi kommentiert heute:

Im Verhindern von Forschungseinrichtungen ist die Schweiz top. Nun soll eine grossangelgte Studie verboten werden, die früh nach Ursachen psychischer Krankheiten sucht.

Wissenschaftler, die auf dem Gebiet der Gentechnik forschen, haben es in der Schweiz schwer. Das wissen wir seit dem Debakel um den Freilandversuch von Christof Sautter. Fünf Jahre lang sah sich der ETH-Forscher einer gezielten Kampagne von wissenschaftsfeindlichen Kreisen ausgesetzt. Der Forschungszweig, bei dem die Schweiz einst eine Spitzenposition einnahm, befindet sich mittlerweile auf dem absteigenden Ast. Nun droht einem weiteren Forschungsprojekt von höchster Qualität ein ähnliches Schicksal.
2005 bewilligte der Bundesrat den Nationalen Forschungsschwerpunkt «Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health», kurz «Sesam». Unter der Leitung von Jürgen Margraf, Professor an der Universität Basel, sollen 3000 Kinder von der 12. Schwangerschaftswoche an während zwanzig Jahren untersucht werden. Ziel der Studie ist es, mehr über die Ursachen psychischer Krankheiten zu erfahren. Doch gegen das Projekt hat sich erbitterter Widerstand formiert. Letzte Woche wurde der Ethikkommission beider Basel eine Petition überreicht, mit der Forderung, Sesam zu sistieren. An vorderster Front kämpft der «Basler Appell gegen Gentechnologie». Kritisiert wird unter anderem, das Projekt reduziere den Menschen auf seine Gene.
Ein absurder Vorwurf ­ denn die Gene spielen bei diesem Projekt eine Nebenrolle. Vielmehr geht es im weitesten Sinne um seelische Gesundheit. Weltweit leiden immer mehr Menschen, gerade auch Kinder, unter psychischen Störungen wie Angsterkrankungen und Depressionen. Sesam versucht mit einem multidisziplinären Ansatz, den Ursachen auf die Spur zu kommen.
Zukunft wird aus Ideen gemacht
Eine Teilstudie etwa soll untersuchen, ob sich Stresssituationen während der Schwangerschaft negativ auf die Gesundheit des Kindes auswirken. Eine andere interessiert sich für die Blinzelreaktionen der Neugeborenen: Gibt es eine Verbindung mit späterem Suchtverhalten? Auch die Rolle der Grosseltern wird unter die Lupe genommen, ebenso das Gedächtnis: Wie detailgetreu behalten Eltern Lebensereignisse und Verhaltensweisen ihres Kindes in Erinnerung?
Nur eines der insgesamt zwölf geplanten Teilprojekte interessiert sich für «genetische Merkmale». Für die Speichelproben müssen die Neugeborenen kurz an einem Wattestäbchen nuckeln. Anhand von Genomanalysen wird dann versucht, Zusammenhänge zwischen DNA-Mustern und psychischer Krankheit zu erkennen.
Sesam ist somit in vielerlei Hinsicht ein vorbildliches Projekt: Es ist interdisziplinär, langfristig angelegt, und es geht um Volkskrankheiten. Warum also die Opposition? Das Bundesgesetz «Forschung am Menschen» befindet sich derzeit in der Vernehmlassung. Mit einer gezielten Kampagne gegen die Sesam-Forschung will man nun Druck ausüben, damit das Gesetz möglichst restriktiv gestaltet wird. Dabei gehen die Kritiker nach gewohntem Muster vor: Man schreit «Gen», wo es gar nicht um Gene geht. Und um die Ängste weiter zu schüren, greift man zum zweiten Schlagwort. «Nein zur fremdnützigen Forschung an Kindern!», heisst es in der Petition. Es stimmt zwar, dass die Erkenntnisse anderen Kindern zugute kommen als jenen, die erforscht werden. Aber genau das Gleiche gilt für die gesamte Bildungsforschung: Von den Pisa-Studien profitieren künftige Schülergenerationen. Und auch die Leukämietherapie verdankt ihren Erfolg «fremdnütziger Forschung an Kindern». Hätten damals nicht viele Eltern die Einwilligung gegeben, das Blut ihrer Kinder zu untersuchen, könnten wir heute nicht drei Viertel der an Leukämie erkrankten Kinder heilen.
Kritisiert wird Sesam auch von Psychoanalytikern. Warum? Das Bundesamt für Gesundheit ist dabei, den Leistungskatalog zu überprüfen, und sieht insbesondere bei der Psychotherapie Sparpotenzial. Sesam-Direktor Jürgen Margraf erhielt das Mandat, die Wirksamkeit der Psychotherapie zu untersuchen, und bestätigte, was bekannt ist: Dass bei gewissen Diagnosen in der Schweiz viel zu lange therapiert wird. Beliebt hat er sich damit nicht gemacht. Manch frustrierter Kollege nutzt nun die Gelegenheit, um Margraf Steine in den Weg zu legen.
Dabei könnte Sesam Grosses leisten. In Norwegen sammelt man derzeit Blutproben und Gesundheitsdaten von 100000 schwangeren Frauen. Man will herausfinden, ob bestimmte Infektionen während der Schwangerschaft bei genetisch prädisponierten Individuen die Entwicklung von Krankheiten wie Autismus oder Zerebrallähmung begünstigen. In Grossbritannien werden für das Projekt «Children of the 90s» 14000 Kinder untersucht, und auch in Schweden ist ein Projekt unterwegs. Allen «Biobanken» ist gemeinsam, dass das Augenmerk auf Lebensstil und Umwelt gelegt wird ­ der Mensch eben nicht auf seine Gene reduziert wird.
Geht es darum, hinter einer neuen Forschungsrichtung Böses und Missbräuchliches zu vermuten, sind die Schweizer Weltmeister. «Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass wir Erfolgreiches hinterfragen, kritisieren, ja gar bekämpfen, bevor sich dieses überhaupt hat richtig entfalten können», sagte Dieter Imboden, Präsident des Nationalen Forschungsrates an einer Pressekonferenz. «Prophylaktische Boykottaufrufe werden in Umlauf gesetzt, bevor es etwas zu boykottieren gibt.» Sesam ist ein weiteres Beispiel dafür, wie ein erstklassiges Forschungsprojekt zum politischen Prügelknaben mutiert.

WoZ über Sesam: "Gut gemeint ist nicht unbedingt gut"

In der aktuellen Wochenzeitung ist ein Interview zu finden, das Urs Hafner mit dem Ethiker Klaus Peter Rippe geführt hat:

Das Forschungsprojekt Sesam will 3000 Kinder ohne ihre Einwilligung langfristig untersuchen. Warum hat keine Ethikkommission interveniert? Der Ethiker Klaus Peter Rippe nimmt Stellung.


WOZ: Der Basler Appell gegen Gentechnologie verlangt die Sistierung des nationalen Forschungsschwerpunkts Sesam: Die 3000 Kinder, die man von der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum 20. Lebensjahr auf Depressionen hin untersuchen will, könnten nicht zustimmen. Finden Sie die Forderung berechtigt?

Klaus Peter Rippe: In der Tat sollte man mit der Rekrutierung der Studienteilnehmer - vorerst also der Eltern beziehungsweise der Mütter - erst dann beginnen, wenn man das Projekt ethisch geprüft hat. Die Einwilligung der kleinen Kinder ist nur ein Aspekt. Sesam untersucht zudem Familien über längere Zeit, ohne dass die Fragen des Datenschutzes und der Privatsphäre geklärt sind. Weiter ist offen, ob die Kinder die Freiheit haben, eines Tages aus der Studie auszusteigen oder ob die Eltern und die Forschenden das verhindern wollen.

Das Forschungsprojekt erhält bereits Geld aus Bern, obschon sich noch keine Ethikkommission geäussert hat. Wie kommt das?

Sesam ist ein Verbund von Einzelprojekten mehrerer kantonaler Universitäten. Damit steht es schief in der Ethiklandschaft. Es ist nicht klar, welche Kommissionen für welche Teilprojekte zuständig sind.

Die Leitung ist an der Fakultät für Psychologie der Universität Basel angesiedelt. Warum hat die Basler Ethikkommission nicht eingegriffen?

Die kantonalen Kommissionen beschäftigen sich vor allem mit klinischen Versuchen am Menschen, also mit pharmazeutischer und chirurgischer Forschung, mit neuen Medikamenten und Operationstechniken, mit Fragen des Risikos und der Information. Diese Kommissionen bestehen hauptsächlich aus Medizinern, Pflegevertretern, Juristen. Für die Probleme, die Sesam aufwirft, sind diese Leute nicht geschult.

Warum hat die nationale Ethikkommission für Humanmedizin geschwiegen?

Sie berät in erster Linie Politiker und Politikerinnen im Hinblick auf die gesetzliche Ebene. Sie sollte zwar neue Themen frühzeitig erkennen und in die Öffentlichkeit tragen, aber sie hat kein Mandat für die Begutachtung von Einzelprojekten. Sesam zeigt die Grenzen des gegenwärtigen Kommissionssystems auf - und den Handlungsbedarf. Es wäre gut, wenn wir eine national zuständige Kommission hätten, die sich mit dem Gesamtprojekt beschäftigt. Das Humanforschungsgesetz, das in der Vernehmlassung ist, prüft die Einrichtung einer solchen Stelle.

Nochmals: Offenbar haben die bestehenden Ethikkommissionen die Brisanz, die in Sesam steckt, übersehen.

Das ist in der Tat so. Die Methode, die Sesam präsentierte - wissenschaftliches Beobachten - schien unproblematisch zu sein. Ich bin dem Basler Appell dankbar für seine Intervention: Er hat den Fall zum Glück vor der Rekrutierung der 3000 Elternpaare auf den Tisch gebracht.

Sesam belässt es nicht beim Beobachten: Es wirbt damit, dass die Probanden mit einer Verbesserung ihres psychischen Zustands direkt von der Untersuchung profitieren könnten. Ist dieses Versprechen ethisch zulässig?

Über diesen Punkt habe ich mich auch gewundert. Im klinischen Bereich ist es gang und gäbe, die möglichen Vorteile für den Probanden zu benennen, etwa bei einem chirurgischen Eingriff. Im Falle Sesam ist das heikel, weil man das Versprechen vor der Rekrutierung abgibt. Ungeklärt ist auch die methodische Frage: Was bedeutet es für das Ergebnis, wenn die Interaktion zwischen Forschenden und Probanden zusätzliche Therapiemöglichkeiten bietet? Die Studie verspricht ja, dass die Gesellschaft etwas lernt über Depression. Hier müsste eine Ethikkommission nachfragen. Schlechte Wissenschaft ist nicht bewilligungsfähig.

Der Schweizerische Nationalfonds aber hat das Projekt bewilligt. Warum hat sich dort kein Widerstand geregt?

Hier werden die Grenzen des Peer-Review-Systems sichtbar: Gleiche begutachten Gleiche, ohne dass jemand die Faszination für die gleiche Methode aufbricht und eine andere, unabhängige Perspektive einbringt.

Sind die Ethikkommissionen Teil dieses Systems?

Wenn man behauptete, sie befänden sich ausserhalb des Systems, würde man sie überschätzen. Vielleicht trifft das für die nationalen Kommissionen zu, nicht aber für die kantonalen. Die sind nicht für grundsätzliche Reflexion geschaffen.

Was halten Sie persönlich von Sesam?

Es ist zwiespältig: Einerseits ist Depression ein wichtiges Thema. Dass man sie langfristig erforschen will, scheint mir sinnvoll zu sein. Andererseits: Langzeitbeobachtung ist eine heikle Sache. Ich bin mir nicht sicher, ob die Forschenden die sensiblen Fragen berücksichtigen. Sesam pflegt die Marketingsprache: Wenn man sich die Website anschaut, gewinnt man den Eindruck, auf betriebswirtschaftlichem Terrain zu sein. Das wirkt, als habe man sehr einfach gedacht.

Das Projekt beruht auf einer biologistischen Psychologie, der ein flächendeckendes Gesundheitsmanagement vorschwebt. Ist diese einseitige Ausrichtung ein Fall für die Ethikkommission?

Sie ist ein Fall für eine öffentliche Diskussion, weil eine Ethikkommission in einem Streit zwischen wissenschaftlichen Schulen nicht Stellung beziehen kann. Dem Projekt wohnt in der Tat eine bestimmte These über die Entstehung von Depression inne.

Wie lautet diese?

Laut Sesam interagieren zwar soziale Faktoren mit den Genen, doch eingreifen kann man vorab auf der biochemischen Ebene. Depression ist heilbar, wenn man die richtigen molekularen Ziele kennt: Bei Sesam klingt der Wunsch durch, dass man die Pille gegen Depression findet. Diesen - ich nenne das jetzt mal so - reduktionistischen Ansatz zu wählen, liegt in der Freiheit der Wissenschaft. Nur: Wenn der Staat Gelder bewilligt, tut er gut daran, ein Projekt von verschiedenen Seiten zu begutachten. Was man jedoch auch sagen muss: Für diesen Ansatz spricht sein Erfolg. Er kann neue wirksame Therapien und Medikamente vorweisen.

Sesam sagt, unsere Volkswirtschaft könne es sich auf die Dauer nicht leisten, dass die Wahrscheinlichkeit, an einer psychischen Störung zu erkranken, bei über vierzig Prozent liege.

Die Zahl hängt natürlich von der Definition von psychischer Störung ab - und über diese kann man streiten.

Das psychologische Projekt läuft unter dem Etikett «Sozialwissenschaft». Ist daran etwas sozialwissenschaftlich?

Das ist eine forschungspolitische Frage. Die Sozial- und Geisteswissenschaftler forderten ja, dass auch auf ihrem Gebiet nationale Forschungsschwerpunkte gebildet werden. Dass es nun so herausgekommen ist, haben sie sich sicher nicht vorgestellt ... Es wäre sinnvoll, wenn die Öffentlichkeit auch die Verteilung von Forschungsgeldern diskutieren würde.

Sesam weist Parallelen zu eugenischen Fantasien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf, als die Wissenschaft eine gesunde, leistungsfähige Bevölkerung schaffen wollte. Was sagen Sie zu dieser Gleichsetzung?

Sie ist insofern berechtigt, als mir zwei Faktoren gleich scheinen: Die Hoffnung, dass man Gesundheit durch eine bestimmte medizinische Intervention einfach herbeiführen kann, und der Ansatz, die Leute und nicht die Gesellschaft zu therapieren. Allerdings waren die eugenischen Programme viel einschneidender.

Gehört es zur Aufgabe einer Ethikkommission, die Forschenden darüber aufzuklären, inwiefern ihr Ansatz historisch belastet ist?

Nochmals: Sesam hat nicht die alte Eugenik im Sinn. Diese Forscher haben ein sehr enges Gesichtsfeld und Scheuklappen. Sie sind für einen bestimmten Bereich gut ausgebildet und spezialisiert und hegen grosse Ambitionen, was sie mit ihren Methoden alles erreichen können. Was fehlt, ist Klugheit. Man müsste diesen Leuten zeigen, wie komplex die Welt ist, bevor man sie mit ihrem Optimismus auf die Welt loslässt. Gut gemeint ist nicht unbedingt das Gleiche wie gut.

Was passiert nun mit Sesam?

Ich befürchte, dass einzelne kantonale Kommissionen die einzelnen Teilprojekte begutachten werden, obschon man das Gesamtprojekt im Auge behalten müsste. Das ist ein ethisches Problem.

Klaus Peter Rippe hat Philosophie, Geschichte und Völkerkunde studiert. Er ist Präsident der Eidgenössischen Ethikkommission für Gentechnik im ausserhumanen Bereich, lehrt an der Universität Zürich Ethik und ist Geschäftsführer der Beratungsfirma ethik im diskurs.
"Kasten" beim WoZ-Artikel:
Sesam - geschlossene Forschung

Der nationale Forschungsschwerpunkt Sesam (Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health) will seit Oktober 2005 und noch bis ins Jahr 2025 herausfinden, wie Depressionen entstehen beziehungsweise psychische Gesundheit verursacht wird (siehe WOZ Nr. 10/05). Zu diesem Zweck sollen 3000 Kinder, ihre Eltern und Grosseltern während eines Zeitraums von zwanzig Jahren untersucht werden, die Kinder bereits ab der zwölften Schwangerschaftswoche. Der Basler Appell gegen Gentechnologie hat der Ethikkommission beider Basel letzte Woche eine Petition mit 12 000 Unterschriften übergeben, welche fordert, die «fremdnützige Forschung an Kindern» nicht zu bewilligen. Das gigantische Projekt ist an der Universität Basel angesiedelt und wird von den PsychologInnen Jürgen Margraf, Alexander Grob und Silvia Schneider geleitet. Die Kosten belaufen sich auf knapp 23 Millionen Franken: Den grössten Teil finanziert der Schweizerische Nationalfonds, weitere Beiträge kommen von der Universität Basel, der Pharmaindustrie, involvierten Kliniken und Stiftungen.
Das als sozialwissenschaftlich etikettierte Projekt spricht vom «Zusammenspiel psychologischer, biologischer, genetischer und sozialer Faktoren», doch keine der zwölf Teilstudien weist einen genuin sozialwissenschaftlichen Ansatz auf: Das Soziale taucht höchstens als «Determinante» auf, die von aussen auf das vorab als biologische Funktionseinheit gedachte Individuum einwirkt. Die Teilstudien befassen sich etwa mit dem «Training zur Förderung der Beziehung zum Kind», den «biologischen Grundlagen vorgeburtlicher Risikofaktoren», der evolutionstheoretisch abgeleiteten «Bedeutung von Investitionen der Grosseltern für die Gesundheit ihrer Kinder und Enkel», der «erhöhten Erregbarkeit im Emotionsregulationssystem» mittels Hirnforschung und Computertomografie, dem «Einfluss genetischer Faktoren auf die Entwicklung psychischer Krankheiten», der «Spektralanalyse der Herzfrequenzvariabilität in Beziehung zur psychosozialen Entwicklung» und neuroanatomischen Tierstudien. So wissenschaftlich kann die Lehre von der Seele auftreten.

Mittwoch, 22. März 2006

Remo Largo über Zürcher Langzeitstudien

Remo Largo, interviewt von "Horizonte", dem Magazin des SNF:

Seit über 50 Jahren laufen die Zürcher Longitudinalstudien, in denen die diversen Bereiche kindlicher Entwicklung untersucht werden. Geprägt hat diese Studien der Zürcher Kinderarzt Remo Largo. Nach seinem Abschied von der Universität zieht er Bilanz.
(...)
Largo: Mein Hauptinteresse galt den Zürcher Longitudinalstudien. Die Besonderheit dieser Studien liegt darin, dass die Kinder von der Geburt bis ins Erwachsenenalter begleitet wurden. Jedes Kind wird im ersten Lebensjahr fünfmal, im zweiten Lebensjahr zweimal,anschliessend jährlich bis zur Pubertät und in der Pubertät wiederum zweimal jährlich untersucht. Dabei werden alle wichtigen Entwicklungsbereiche wie Sprache,Motorik, Schlaf- oder Sozialverhalten festgehalten. Longitudinalstudien sind extrem zeitaufwändig und kostspielig. Sie stellen aber die einzige Möglichkeit dar, wesentliche Fragen der kindlichen Entwicklung zu beantworten.


"Kinder von der Geburt bis ins Erwachsenenalter begleitet"? Das klingt irgendwie bekannt...

"Moleküle für die psychische Gesundheit"?

Jürgen Margraf in einem kurzen Interview in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Horizonte" des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, befragt zu Sesam:

Horizonte: Vorgesehen sind auch biologisch-genetische Untersuchungen. Warum braucht es die?
Margraf: Die Gene stellen die Ausgangsgrundlage dar, auf deren Basis sich in Wechselwirkung mit der Umwelt die weitere menschliche Entwicklung entfaltet. Die biologisch-genetischen Untersuchungen können Zusammenhänge zwischen DNA-Mustern und psychischer Gesundheit oder Krankheit sichtbar machen – dies immer auf der Ebene von Gruppen, nicht Einzelpersonen. Die Analysen ermöglichen die Entdeckung von neuen Molekülen, die wichtig sind für die Aufrechterhaltung von psychischer Gesundheit.


Irgendwie versteh ich nach dieser Aussage das Interesse der Psychopharmakaindustrie an Sesam viel besser!

Freitag, 17. März 2006

Tribune de Genève zu Risiko von Versuchen am Menschen

In der Tribune de Genève berichtet heute Valentine Zubler über die Problematik von klinischen Versuchen an Menschen, ausgehend von den schweren Komplikationen bei 6 Probanden in London. Sie nimmt auch Bezug auf Sesam. "Cobayes" heisst übrigens: Versuchskaninchen.

Cobayes humains: la Suisse n’est pas à l’abri d’un drame
Accident à Londres: Le drame de Grande-Bretagne, qui a vu six jeunes gens envoyés aux urgences à la suite d’un essai clinique, met en lumière les risques d’utiliser des cobayes humains.

Le drame de Grande-Bretagne, qui a vu six jeunes gens envoyés aux urgences à la suite d’un essai clinique, met en lumière les risques d’utiliser des cobayes humains.
Rarissime, certes, mais pas exclu. Un essai clinique a tourné au drame, à Londres, où six jeunes gens, qui participaient à un test pour un nouveau médicament, ont été admis aux soins intensifs à l’hôpital. Ce cas de figure aurait très bien pu se produire en Suisse. Où, comme en Angleterre, les cobayes humains sont souvent des jeunes et des étudiants. «Chaque année, une centaine de personnes se prêtent à des expériences», indique Andrea Arz de Falco, à l’Office fédéral de la santé publique (OFSP). Mais quelles sont, au fond, les limites à la participation de sujets lors de tests cliniques? Une question d’actualité dans notre pays, à l’heure où la Confédération revoit le cadre légal de la recherche sur les êtres humains.
Tests indispensables
Mais d’abord, des nouvelles de Grande-Bretagne. Quatre des six jeunes hommes tombés gravement malades ont vu leur état s’améliorer légèrement. Ces personnes avaient volontairement accepté de se prêter à un essai pour un nouvel anti-inflammatoire, destiné à combattre la leucémie et la sclérose en plaques. Les deux autres cobayes sont toujours dans un état critique. Ironie du sort, au Japon, onze patients souffrant de démence vasculaire, et sur lesquels un médicament appelé Aricept était testé, ont, eux, trouvé la mort.
Si ces affaires mettent en lumière les tests pratiqués sur les cobayes humains, ceux-ci sont pourtant indispensables, note Andrea Arz de Falco. Au besoin, même sur des jeunes sujets. «Par exemple, lorsqu’il s’agit de tester un médicament anticancer destiné aux enfants, il est nécessaire de le faire sur de jeunes patients. »
En Suisse, les expériences cliniques sont strictement régies par la Loi sur les produits thérapeutiques, en vigueur depuis 2001. Les prescriptions sont à peu près les mêmes qu’en Grande-Bretagne (lire ci-dessous). «Les cobayes sont recrutés par des firmes pharmaceutiques qui les indemnisent pour leur participation», poursuit la porte-parole de l’OFSP.
La crainte de la science
On relèvera par ailleurs que la participation des mineurs ou des personnes incapables de discernement s’effectue seulement si ces derniers y trouvent un bénéfice direct et que les risques encourus sont jugés minimes. Le reste est l’affaire des cantons. La Loi sur l’être humain, actuellement en consultation, devrait toutefois renforcer davantage le cadre de ces recherches.
Seulement voilà. Le recours à des êtres humains se heurte encore et toujours à des réticences. En Suisse, le débat a récemment rebondi. Les responsables du nouveau pôle de recherche national en santé mentale SESAM, conduit par l’Université de Bâle et financé à hauteur de 10,2 millions de francs (sur 70) par le Fonds national suisse, en savent quelque chose.
Pourtant, SESAM ne pratiquera pas de tests cliniques. L’objectif de ce projet est seulement d’observer le développement psychique de l’enfant jusqu’à l’âge adulte: 3000 enfants devraient donc faire l’objet d’un suivi à partir de la douzième semaine de grossesse de leur mère, jusqu’à leur vingtième anniversaire. Ce qui a tout de même valu à SESAM une interpellation au parlement, à laquelle le gouvernement a répondu en décembre 2005. Reste que, pour Jürgren Margraf, le directeur de ce projet, cette réticence s’explique, entre autres, par «la crainte de la science». Une crainte que l’accident de Londres ne vient, pour le grand dam des chercheurs, que renforcer.

Les 4 phases d'un médicament
Dans la plupart des pays, les essais cliniques de médicaments passent par quatre phases. Un long «chemin» qui dure entre dix et quinze ans.
- La phase I consiste à tester le produit thérapeutique sur un petit groupe de personnes saines, indique Andrea Arz de Falco, à l’OFSP. Les essais menés à Londres s’inscrivaient dans cette catégorie. Ces tests ne sont pratiqués qu’après de multiples expériences in vitro ou sur des animaux. Les risques encourus sont minimes.
- Lors de la phase II, le médicament est administré à un petit groupe de patients.
- Lors de la phase III, le nombre de patients est élargi à plusieurs centaines, voire milliers. La demande de mise sur le marché du médicament peut être soumise à Swissmedic, l’Institut des produits thérapeutiques.
- Pour finir, durant la phase IV, le médicament est accessible, mais reste plusieurs années sous surveillance.
Kommentar zum Artikel von Zubler aus der Feder von TdG-Redaktorin Pascale Zimmermann
"Cobayes humains, la nouvelle loi répond"

Deux hommes se trouvent encore en Grande-Bretagne dans un état critique pour s’être soumis à l’essai clinique d’un nouveau médicament. Un tel accident pourrait se produire en Suisse. Faut-il pour autant interdire les tests sur l’être humain et s’affoler à l’idée qu’on en pratique sur des enfants?
Le Pôle de recherche national de l’Université de Bâle qui s’intéresse aux maladies psychiques étudie 3000 enfants, de la 12e semaine de gestation jusqu’à leur 20e année. Leur patrimoine génétique est collecté, leur santé mentale et leur comportement passés au crible. Ce programme a lancé la polémique de façon spectaculaire. Peut-on impliquer de jeunes enfants sans mettre en péril leur autonomie? Appartient-il à leurs parents de décider pour eux? La nouvelle loi relative à la recherche sur l’être humain, actuellement en consultation, prévoit des réponses. Notamment l’examen systématique de tout projet par une commission d’éthique dont les membres feront, au cas par cas, la pesée des intérêts entre les risques — pour un enfant cobaye particulier — et les bénéfices — pour de nombreux enfants à l’avenir. Y compris, et c’est la grande nouveauté, lors de recherches en psychologie et en sociologie. Et cette commission supervisera aussi l’information donnée aux parents. Qui décideront ainsi in fine de l’avenir de leurs enfants en connaissance de cause.

bz: Interview mit Alexander Grob, stv. Dir. Sesam

Heute in der basellandschaftlichen Zeitung: ein längeres Interview mit Alexander Grob (klick für Bild des Artikels: gross: 768x1024 oder riesig: 2304x3072) Hier die ersten paar Fragen:

Frage: Wann werden die Sesam-Projekte der Ethikkommission beider Basel eingereicht?
A.G.: Wir hoffen, so schnell wie möglich. Das Einreichungsprozedere hat Anfang März begonnen. Wann in welcher Form die Unterlagen so eingereicht werden können, wie die Kommission sie wünscht, ist aufgrund der Komplexität des Projektes und der Abfolgen der Teilstudien noch unklar. Diese Arbeiten sind extrem arbeitsintensiv. Mit der Ethikkommission beider Basel wurde deshalb über eine Etappierung diskutiert. Sicher und selbstverständlich ist: Keine Studie beginnt vor der Bewilligung durch die zuständige Ethikkommission.

Frage: Werden sie Erbgut-Analysen an Kindern vornehmen?
A.G.: Es werden Genom-Analysen gemacht, die auf der Ebene von Gruppen von Menschen Zusammenhänge zwischen DNA-Mustern und psychischer Gesundheit oder Krankheit zu erkennen versuchen. Es handelt sich nicht um Gentests, bei welchen nach bestimmten genetischen Merkmalen, die für Erbkrankheiten verantwortlich sind, gesucht wird. Sesam führt keine Gentests durch.

Frage: Die Gegner sagen, die Rechtslage der Schweiz lässt fremdnützige Forschung an Kindern nicht zu.
A.G.: Es stimmt nicht, dass fremdnützige Forschung an Kindern verboten ist. Sonst wäre fast sämtliche Bildungsforschung, zum Beispiel die Pisa-Studien, verboten. Deren Erkenntnisse kommen ganz grundsätzlich anderen Kindern zugute, als jenen, die beforscht wurden. Es profitieren die nachfolgenden Schulergenerationen. Fast sämtliche geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung ist im Übrigen "fremdnützig", weil die Resultate nachfolgenden Gruppen respektive der Gesellschaft zugute kommen und nicht direkt den Beforschten. Heute spricht man übrigens von Forschung ohne direkten Nutzen für die Beforschten. Gemäss dem in der Vernehmlassung stehenden Humanforschungsgesetz dürfen Forschungsprojekte ohne direkten Nutzen mit unmündigen Personen dann durchgeführt werden, wenn damit höchstens minimale Risiken und Belastungen verbunden sind und die betroffene Person respektive der gesetzliche Vertreter nach hinreichender Aufklärung schriftlich eingewilligt hat.
(...)


Nach der Interviewlektüre mich u.a. gefragt:
  • Was sind "Genom-Analysen (...), die auf der Ebene von Gruppen von Menschen Zusammenhänge zwischen DNA-Mustern und psychischer Gesundheit oder Krankheit zu erkennen versuchen"?
  • Wie sind denn "Genom-Analysen (...), die auf der Ebene von Gruppen von Menschen Zusammenhänge zwischen DNA-Mustern und psychischer Gesundheit oder Krankheit zu erkennen versuchen", durchzuführen OHNE Gentests? Die direkte Antwort auf die konkrete Frage "Werden Sie Erbgut-Analysen an Kindern vornehmen?" müsste doch wohl "Ja!" heissen. Alles andere riecht nach Ausweichmanöver und Nebelwerfen.
  • "Pisa-Studien" und "fast sämtliche geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung" bezüglich Fremdnützigkeit über einen Leisten schlagen mit klinischer und psychologischer Forschung an Kindern à la Sesam: Ist das zulässig?

Mittwoch, 15. März 2006

Motion Dunant zu Ethikkommissionen im Ständerat

Vorgestern stimmte der Ständerat ab über die Motion des baselstädtischen SVP-Nationalrates Dunant, die - im März '04 eingereicht - verlangte, der Bundesrat solle "die nötigen Rahmenbedingungen für eine gesamtschweizerische Koordination oder für eine Konzentration der verschiedenen Ethikkommissionen" prüfen und "umzusetzen". Mittelbar stellte Dunant die Existenzberechtigung der kantonalen Ethikkommissionen grundsätzlich in Frage. Wie bereits am 29.11.05 der Nationalrat überwies schliesslich auch der Ständerat - nach einer kurzen aber durchaus kontroversen Debatte - die Motion. Allerdings nur mit Stichentscheid des Präsidenten. Die Abstimmung endete zunächst 14:14. Ausschnitte aus der Diskussion:
Madeleine Amgwerd (JU): Cette motion est contradictoire dans son développement. L'auteur de la motion va jusqu'à mettre en doute l'existence même des commissions cantonales, qui font un travail important et reconnu, et je ne trouve cela pas correct. Pour ma part, je rejetterai cette motion et je vous invite à en faire de même.
Hans Fünfschilling (BL): Wenn eine Kommission z. B. darüber entscheidet, ob ein Projekt an ihrem Spital stattfinden soll, kann diese Kommission doch sagen, dieses Projekt an diesem Spital durchzuführen sei aus ethischen Gründen nicht verantwortbar, weil das notwendige Know-how nicht vorhanden sei - denn sie kennt die Möglichkeiten und die Fähigkeiten dieses Spitals. Es heisst also nicht, dass es gut ist, wenn regionale Kommissionen keinen Entscheid mehr treffen können, sondern es ist vielmehr in speziellen Fällen sinnvoll, wenn eine Kommission im eigenen Kanton, in regional begründeten Fällen, ein Veto einlegen kann.
Simonetta Sommaruga (BE): Ich möchte Ihnen trotzdem beantragen, sie heute abzulehnen, und zwar weil ich es nicht richtig finde, einer Vorlage, die jetzt in Diskussion ist, vorzugreifen. Wir haben es gehört, das Bundesgesetz über die Forschung am Menschen ist seit dem 1. Februar in der Vernehmlassung. Vor allem sehen wir, wenn wir die Vorlage anschauen, dass der Bundesrat sich auch noch nicht entscheiden konnte, wie es mit diesen Ethikkommissionen am besten weitergehen soll. Das ist für mich der Grund, weshalb es mir zum heutigen Zeitpunkt nicht opportun scheint, dass wir ohne vertiefte Diskussion einen Vorentscheid fällen, nachdem gerade in der Vernehmlassung noch alles offen ist.
Anita Fetz (BS) für die Kommission für Wissenschaft und Bildung (WBK): Die Kommission beantragt Ihnen, mit 6 zu 4 Stimmen, die Motion anzunehmen. (...) Unbestritten war dabei, sowohl für die Mehrheit wie für die Minderheit der Kommission, die Notwendigkeit von Ethikkommissionen. Gerade in einem Zeitalter, in dem die Forschung am Menschen immer weiter in ethisch heikle Bereiche vordringt, bekommen die Ethikkommissionen auf nationaler, kantonaler und spitalinterner Ebene eine noch grössere Bedeutung. Das Gesetz über die Forschung am Menschen, wie es jetzt in der Vernehmlassung ist, koordiniert die verschiedenen Akteure unserer Meinung nach sehr wirkungsvoll.

Dienstag, 14. März 2006

Basler Appell: "12'006 Unterschriften gegen SESAM"

Der Basler Appell veröffentlichte soeben folgendes Communiqué:

Heute übergab der Basler Appell gegen Gentechnologie der Ethikkommission beider Basel (EKBB) 12'006 Unterschriften, gesammelt vom Basler Appell mit der Unterstützung von «anthrosana». Im Zentrum der Petition steht die Forderung, die fremdnützige Forschung an Kindern, die beim Forschungsprojekt «SESAM» der Universität Basel vorgesehen ist, nicht zu bewilligen.

Vor drei Wochen fand die Inaugurationsfeier zum Nationalen Forschungsschwerpunkt «SESAM» statt. Seit bald einem halben Jahr fliessen die Nationalfondsgelder, die das Projekt mitfinanzieren ­ und noch immer ist zum Projektinhalt nicht mehr bekannt als ein paar magere Angaben zu einzelnen Teilprojekten. Auch die Ethikkommission beider Basel wartet seit langem darauf, dass ihr das Projekt inklusive Teilprojekte endlich vorgelegt wird. Denn sie ist jene Instanz, die beurteilen muss, ob die Kritik an «SESAM» berechtigt ist oder ob das ehrgeizige Projekt gestartet werden kann. Im Vorfeld dieser Beurteilung reichte der Basler Appell gegen Gentechnologie heute seine Petition ein, in der er gemeinsam mit rund 12'000 Privatpersonen aus der ganzen Schweiz fordert, dass die geplante fremdnützige Forschung an Kindern nicht bewilligt wird. Insbesondere soll verhindert werden, dass Erbgutanalysen im frühesten Kindesalter durchgeführt werden. Soviel ist trotz Versteckspiel der Projektleitung auch heute schon klar: Die zahlreichen rechtlichen und ethischen Fragen müssen zuerst beantwortet werden, bevor ein solch gigantisches Unterfangen auf dem Rücken von 3'000 Kindern realisiert werden kann. Kaum zu glauben, dass der Nationalfonds Sachzwänge schafft, indem er ein derart heikles Projekt bereits finanziell unterstützt, das noch von keiner Ethikkommission abgesegnet worden ist. Ohnehin ist sehr zweifelhaft, ob die Art von Forschung an Kindern, wie sie «SESAM» vorsieht, in der Schweiz zur Zeit überhaupt erlaubt ist. Die geplanten Erbgutanalysen vertiefen diese Zweifel. So hält die Bundesverfassung eindeutig fest, dass für ein solches Vorgehen unbedingt die Zustimmung des Betroffenen notwendig ist.

Der Basler Appell gegen Gentechnologie engagiert sich auch gegen «SESAM», weil mit diesem Projekt der Trend zum gläsernen Menschen fortgeführt wird. Denn eine gigantische Datenbank mit der DNA von insgesamt rund 15'000 Personen, davon 3'000 Kindern, stellt eine grosse Versuchung dar: für das Projekt «SESAM», aber auch für die nächsten Generationen von Forschern und Fachleuten, welche die erhobenen Daten ­ so verspricht es jedenfalls «SESAM» ­ nutzen dürfen. Der Basler Appell fordert von der EKBB, die Instrumentalisierung von Kindern für solche Zwecke zu verhindern. Und die Projektleitung von «SESAM» wird dringend aufgefordert, die Details des Forschungsprojekts endlich bekannt zu geben.

Montag, 13. März 2006

Margraf über die Angst vor der Vogelgrippe

Tribüne de Genève, 10.3.06.

Pourquoi avons-nous peur de la grippe aviaire?

* L’homme craint démesurément ce qui est exceptionnel, alors qu’il banalise trop ce qui est quotidien et qu’il connaît bien.
* Les psychologues livrent quelques conseils pratiques pour gérer la peur du virus et ne pas céder à la panique.
* Entre-temps dans le monde, la faim tue 9 millions de personnes par an, le sida 3 millions, le tabac 5 millions...

PASCALE ZIMMERMANN

Quels mécanismes psychologiques régissent la peur collective de la grippe aviaire? - keystone

Grippe aviaire, SRAS, vache folle, sida... autant de maladies, installées ou hypothétiques, qui ont provoqué ces dernières années de violentes poussées d'angoisse dans la population. Pourquoi la fièvre s'empare-t-elle à ce point des gens face à un virus? Quels mécanismes psychologiques
régissent ces peurs collectives qui affolent certains jusqu'à la panique?

Le professeur Jürgen Margraf
avance quelques explications. Psychologue spécialiste de la gestion des risques à l'Université de Bâle, il dirige également le Pôle de recherche national SESAM. Cette Etude étiologique suisse de la santé mentale s'intéresse au transfert des angoisses au sein d'une même famille, pendant vingt ans et sur trois générations; à la perception des dangers; et à la manière de gérer le risque de voir le malheur s'abattre sur soi.

Pour l'instant, personne n'est mort de la grippe aviaire, ni en Suisse ni en Europe. Pourquoi le virus H5N1 fait-il tellement peur?
Depuis le 1er janvier, 300 personnes se sont suicidées en Suisse, mais personne n'en parle. Nous avons atteint hier le seuil d'épidémie de la grippe. Elle tue chaque année, mais là aussi, personne n'en parle. Car il existe une loi en psychologie qui veut qu'on craigne démesurément l'exceptionnel, et qu'on minimise le danger que représente ce qui est quotidien.

Par exemple?
Nous avons plus peur en avion qu'en voiture, parce que nous voyageons moins souvent en avion. Nous craignons davantage pour nos enfants la rencontre avec un pédophile que de les voir traverser seuls la route. Pourtant il se produit en Suisse un crime sexuel mortel tous les quinze ans.

Vous évoquez le rôle amplificateur des médias.
Il est particulièrement flagrant dans le cas de la grippe aviaire. Le marketing rejoint la loi psychologique que je viens de citer. L'extraordinaire se vend mieux que l'habituel. Commence ensuite un cercle vicieux: les gens veulent toujours plus d'informations; des décisions politiques sont prises, que les médias sont contraints de relayer, et ainsi de suite.

Peut-on se raisonner pour éviter la panique?
Oui, mais l'homme n'est pas complètement rationnel. Nous fonctionnons par probabilité. Tout ce qui nous arrive a un certain degré de potentialité. Quel est le risque que je meure d'un cancer du poumon si je fume? J'en fais une estimation et je prends ma décision.

Qu'est-ce qui détermine notre évaluation d'un risque?
Des facteurs culturels. Et l'évolution de l'humanité. Lorsqu'un de nos ancêtres préhistoriques entendait un bruit, s'il évaluait le risque avec une marge d'erreur trop grande, il mourait dévoré par un tigre. La prudence a donc été récompensée. Nous portons en nous les gènes de nos ancêtres les plus circonspects. D'où notre extrême prudence aujourd'hui.

Mais lorsque nous avons l'impression de ne plus contrôler la situation, cette prudence devient une angoisse collective.
Oui, mais ce qui compte en psychologie, ce n'est pas le contrôle objectif. C'est la perception qu'on en a. Or, depuis une quinzaine d'années, après une longue période très faste, il me semble qu'en Suisse, beaucoup de gens ont le sentiment que tout leur échappe. Or, quand on ne peut pas contrôler les événements, on essaie de les prévoir. D'où une demande boulimique d'informations. Quand on ne peut ni contrôler, ni prévoir, comme c'est le cas avec la grippe aviaire, c'est la panique.

Le phénomène prend-il plus d'ampleur lorsque la peur touche l'alimentation?
Sans aucun doute. On avale le danger et il circule ensuite dans notre corps. C'est très inquiétant. Regardez les OGM. Ils font peur dans l'alimentation; personne ne veut en manger. Mais ils sont tout à fait admissibles en médecine.
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Sesam Watch

Beobachtungen und Notizen zum Schweizer NCCR "Sesam", der 3'000 Kinder und ihr Umfeld vom ersten Ultraschallbild an 20 Jahre lang beobachten wollte (vorzeitiger Abbruch: 13.3.08). Autonom, skeptisch, ehrenamtlich. Kontakt: sesamwatch@gmail.com

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