Mittellandzeitung MLZ, 3.2.08: Schwangere, bitte melden!
Forschungsprojekt Sesam in Gefahr
Gesucht werden 15'000 Personen - Kinder, Eltern und Grosseltern. Das Ziel des gigantischen Projekts: herausfinden, was die Seele krank macht. Doch Sesam hat Mühe, genügend Schwangere zu finden.
Von David Sieber
Die scheizerische ätiologische Studie zur psychischen Gesundheit («Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health», Sesam) ist umstritten. Ethisch-moralische Bedenken verzögerten den Beginn des 20 Jahre dauernden schweizweiten Grossversuchs, bei dem Familien über drei Generationen hinweg interdisziplinär beobachtet und untersucht werden. Im März vergangenen Jahres gab die Ethikkommission beider Basel grünes Licht, verbot aber die geplanten DNA-Tests bei Unmündigen. Vor kurzem zogen die Ethikkommissionen von Bern und Zürich nach. Ausstehend ist der Entscheid in Genf.
In Basel werden nun seit drei Monaten Schwangere gesucht, deren Kinder vom Mutterleib bis zum 20. Lebensjahr im Mittelpunkt der Forschung stehen sollen. Aber auch die Kindsväter sowie die Grosseltern sind Gegenstand der Hauptstudie und zahlreicher Teilstudien, bei denen es um die Frage geht: Welche Faktoren beeinflussen die psychische Entwicklung? Die Bandbreite reicht von der Biologie und Genetik über die Psychologie bis zur Soziologie, wie Sesam-Leiter Jürgen Margraf, Psychologieprofessor an der Uni Basel, erklärt.
Das ehrgeizige Ziel, 3'000 Schwangere für das Projekt verpflichten zu können, ist allerdings in Gefahr, denn die Rekrutieung ist weit harziger angelaufen als gedacht, räumt Sesam-Sprecher Daniel Habegger ein. Konkrete Zahlen will er nicht nennen. Am Basler Frauenspital meldet sich indes pro Tag im Durchschnitt nur eine Frau, die für Sesam in Frage kommt. Das Hauptproblem: Die komplexen Fragebögen, die den Schwangeren vorgelegt werden, gibt es nur auf Deutsch und Französisch. Die für die Repräsentativität des Projekts wichtigen kinderreichen ausländischen Familien scheitern damit häufig an der Sprachbarriere. Zwar wollte die Sesam-Leitung Fragebögen in weiteren Sprachen produzieren, wurde gemäss gut unterrichteter Quelle vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF), der das 20-Millionen-Projekt rund zur Hälfte finanziert, aber zurückgepfiffen. Beim SNF war keine Stellungnahme zu erhalten.
Um die Durchführbarkeit der Studien bangt Margraf nicht. Aber es werde zu einer zeitlichen Verzögerung von «mehreren Monaten» kommen. «Die Pilotphase hat uns einiges gelehrt» sagt der Sesam-Chef. «Wir prüfen nun, wie wir mehr Frauen ansprechen können» - zum Beispiel in Arztpraxen. Hoffnungsvoll stimmt Margraf, dass Interessierte nicht etwa ethische Bedenken vorbrächten, sondern praktische Fragen, so nach dem persönlichen Aufwand und dem Kindswohl; letzteres sei garantiert. Die Psychologin Ursula Walter von der Gruppe «Sesam watch» bleibt skeptisch: «Der Anspruch ist und bleibt gewaltig».
Gesucht werden 15'000 Personen - Kinder, Eltern und Grosseltern. Das Ziel des gigantischen Projekts: herausfinden, was die Seele krank macht. Doch Sesam hat Mühe, genügend Schwangere zu finden.
Von David Sieber
Die scheizerische ätiologische Studie zur psychischen Gesundheit («Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health», Sesam) ist umstritten. Ethisch-moralische Bedenken verzögerten den Beginn des 20 Jahre dauernden schweizweiten Grossversuchs, bei dem Familien über drei Generationen hinweg interdisziplinär beobachtet und untersucht werden. Im März vergangenen Jahres gab die Ethikkommission beider Basel grünes Licht, verbot aber die geplanten DNA-Tests bei Unmündigen. Vor kurzem zogen die Ethikkommissionen von Bern und Zürich nach. Ausstehend ist der Entscheid in Genf.
In Basel werden nun seit drei Monaten Schwangere gesucht, deren Kinder vom Mutterleib bis zum 20. Lebensjahr im Mittelpunkt der Forschung stehen sollen. Aber auch die Kindsväter sowie die Grosseltern sind Gegenstand der Hauptstudie und zahlreicher Teilstudien, bei denen es um die Frage geht: Welche Faktoren beeinflussen die psychische Entwicklung? Die Bandbreite reicht von der Biologie und Genetik über die Psychologie bis zur Soziologie, wie Sesam-Leiter Jürgen Margraf, Psychologieprofessor an der Uni Basel, erklärt.
Das ehrgeizige Ziel, 3'000 Schwangere für das Projekt verpflichten zu können, ist allerdings in Gefahr, denn die Rekrutieung ist weit harziger angelaufen als gedacht, räumt Sesam-Sprecher Daniel Habegger ein. Konkrete Zahlen will er nicht nennen. Am Basler Frauenspital meldet sich indes pro Tag im Durchschnitt nur eine Frau, die für Sesam in Frage kommt. Das Hauptproblem: Die komplexen Fragebögen, die den Schwangeren vorgelegt werden, gibt es nur auf Deutsch und Französisch. Die für die Repräsentativität des Projekts wichtigen kinderreichen ausländischen Familien scheitern damit häufig an der Sprachbarriere. Zwar wollte die Sesam-Leitung Fragebögen in weiteren Sprachen produzieren, wurde gemäss gut unterrichteter Quelle vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF), der das 20-Millionen-Projekt rund zur Hälfte finanziert, aber zurückgepfiffen. Beim SNF war keine Stellungnahme zu erhalten.
Um die Durchführbarkeit der Studien bangt Margraf nicht. Aber es werde zu einer zeitlichen Verzögerung von «mehreren Monaten» kommen. «Die Pilotphase hat uns einiges gelehrt» sagt der Sesam-Chef. «Wir prüfen nun, wie wir mehr Frauen ansprechen können» - zum Beispiel in Arztpraxen. Hoffnungsvoll stimmt Margraf, dass Interessierte nicht etwa ethische Bedenken vorbrächten, sondern praktische Fragen, so nach dem persönlichen Aufwand und dem Kindswohl; letzteres sei garantiert. Die Psychologin Ursula Walter von der Gruppe «Sesam watch» bleibt skeptisch: «Der Anspruch ist und bleibt gewaltig».
sesaminput - 4. Feb, 15:29