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Hinweis

-+-+-+-+-+-+-+-

Medienbeobachtung

Freitag, 14. März 2008

NZZ vom 14.3.08: Forschungsprojekt «Sesam» wird abgebrochen

Zu schleppende Rekrutierung von Probandinnen

Von S. Aiolfi

«Sesam» lässt sich offenbar nicht öffnen. Wie bereits gemeldet (NZZ 7. 3. 08), ist der Nationale Forschungsschwerpunkt zur Ergründung psychischer Erkrankungen auf grössere Schwierigkeiten gestossen, als es darum ging, für das Vorhaben die nötigen Probandinnen zu finden. Das Problem hat sich jetzt als so drastisch erwiesen, dass das Sesam-Leitungsgremium entschieden hat, beim Schweizerischen Nationalfonds, der den grössten Teil des Vorhabens finanziert, die Einstellung der Kernstudie zu beantragen.

Zu viele Hürden
Vorgesehen war gewesen, innerhalb von zwei Jahren an fünf Schweizer Standorten bis zu 3000 Kinder zu bestimmen, die man von der Zeit vor der Geburt bis ins 20. Lebensjahr periodisch beobachtet und untersucht hätte. Nach den Angaben von Sesam-Vizedirektor Alexander Grob hatte man in Basel mit dem Aufnahmeverfahren im Oktober begonnen und hätte bis heute 100 bis 150 Probandinnen erfasst haben müssen, um das Plansoll zu erfüllen. Tatsächlich rekrutiert worden sind aber lediglich 20 Frauen; 30 sind noch unentschieden, und 60 haben abgesagt. Am Standort Bern verlief die Rekrutierung ähnlich schleppend. In Zürich, Genf und Lausanne hat man mit dem Verfahren zwar noch nicht begonnen, musste aber einsehen, dass die Schwierigkeiten dort ebenfalls gross gewesen wären. Ein Grund für das mangelnde Interesse waren laut Grob zunächst die Bedenken zahlreicher Frauen hinsichtlich des zeitlichen Engagements; eine Teilnahme am Projekt hätte während der ersten zwei Lebensjahre des Kindes einen Aufwand von 20 Stunden erfordert, was vielen zu viel war. Ein weiteres Handicap war, dass es den Projektbetreibern untersagt war, nach dem ersten Kontakt mit einer werdenden Mutter, bei dem sie über Sesam informiert wurde, nachzuhaken und zu fragen, ob sie mitmachen wolle. Die Initiative musste ganz der Frau überlassen werden. Und schliesslich war auch die Gruppe jener Kandidatinnen, die die sprachlichen Voraussetzungen für eine Teilnahme erfüllten (nämlich Deutsch- oder Französischkenntnisse), kleiner, als von den Spitälern ursprünglich geschätzt worden war.

Verzicht auf eine Adjustierung
Vor Wochenfrist hatten die Projektleiter noch die Möglichkeit einer Anpassung der Versuchsanordnung erwogen; der Vorschlag stand im Raum, mit der Untersuchung der Kinder statt vor erst nach der Geburt zu beginnen, da man vermutete, dass sich die Zahl der Studienteilnehmer dadurch vergrössern liesse. Nach Grob wäre eine solche Adjustierung jedoch kompliziert gewesen, und es hätte auch keine Gewähr gegeben, dass das Rekrutierungsproblem dadurch hätte gelöst werden können. Ausserdem hätte man mit dem Verzicht auf die pränatale Untersuchung einen wichtigen Baustein der Studie verloren. Und diesen Verlust an Qualität wollte man nicht in Kauf nehmen. Der Scherbenhaufen ist insofern nicht total, als der Abbruch nur die Sesam-Kernstudie betrifft. Einige Teilstudien, die sich ebenfalls mit dem Eltern-Kind-Verhältnis befassen, aber mit weniger Probanden auskommen und von kürzerer Dauer sind, sollen dagegen weitergeführt werden. Von der Beendigung des Projekts betroffen sind nach den Angaben von Grob an die 70 Personen, die sich in 50 Stellen teilten. Sichergestellt ist immerhin, dass 31 Doktoranden, die sich bisher mit Sesam beschäftigt hatten, ihre Arbeiten zu Ende führen können. Wie weiter zu erfahren war, sind von den für das Projekt insgesamt bewilligten 22,4 Millionen Franken bis dato 8,3 Millionen aufgebraucht worden.

BZ vom 14.3.08: Aus für «Sesam»-Studie über Psyche

Die Teilnehmer sind ausgeblieben

Von Brigitte Walser

Das Nationale Forschungsprojekt «Sesam» wird mangels Teilnehmender eingestellt. Um Erkenntnisse zur seelischen Entwicklung von Kindern gewinnen zu können, hätten dreitausend Familien zwanzig Jahre lang begleitet werden sollen.

Das Projekt sei wohl an den hohen Anforderungen gescheitert, sagte gestern «Sesam»-Sprecher Daniel Habegger. Die Studie («Sesam» steht für «Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health») hätte Erkenntnisse zur seelischen Entwicklung liefern sollen. Geplant war, dreitausend Kinder während zwanzig Jahren periodisch zu untersuchen und zu befragen und auch die Eltern und Grosseltern einzubeziehen. Vor einem Jahr gab die zuständige Ethikkommission beider Basel grünes Licht.

Zu aufwändig
Gestern nun stellte die «Sesam»-Leitung beim Schweizerischen Nationalfonds den Antrag, die Studie noch vor dem eigentlichen Start zu stoppen. Der Grund: Es gelinge nicht, innerhalb von zwei Jahren mehrere tausend Studienteilnehmer zu finden. Das hatte die Vorrekrutierung in Basel ergeben. Dort hatten sich gemäss Habegger «knapp zwei Dutzend Elternpaare», die ein Kind erwarteten, zur Teilnahme bewegen lassen. Die Studienleiter schlossen daraus, dass die für später geplante Suche in Bern, Zürich, Lausanne und Genf nicht erfolgreicher verlaufen würde. Zu aufwändig und komplex sei die Studie für die Teilnehmenden, die selbst keinen direkten Nutzen davon hätten, so Habegger. Eine finanzielle Entschädigung der Familien kam aus ethischen Gründen nicht in Frage, das wäre nur bei Erwachsenen und damit urteilsfähigen «Studienobjekten» möglich, nicht aber bei Kindern. Von den «Sesam»-Forschern war ein finanzieller Anreiz auch nie in Betracht gezogen worden. «Wir wollen niemanden kaufen», so Habegger. Ganz möchten die Forscher das Thema nicht aufgeben. Sie beantragen beim Nationalfonds Teilstudien zur seelischen Entwicklung bei Kindern, die auch ohne die grosse Zahl von Teilnehmenden durchführbar sind. Derzeit sind 31 Doktoranden in das «Sesam»-Projekt involviert. «Wir legen Wert darauf, dass sie alle ihre Dissertation beenden können», so Habegger. Für die 25 Festangestellten, die grösstenteils im administrativen Bereich arbeiten, seien einschneidende Massnahmen aber kaum zu vermeiden. Das Forschungsprojekt hätte vom Nationalfonds, dem Kanton Basel-Stadt und von Sponsoren aus der Privatwirtschaft, etwa dem Pharmakonzern Roche, finanziert werden sollen.

Stolpersteine
Weil bei «Sesam» die «Studienobjekte» Kinder sind, bewegen sich die Forscher in einem datenschutzrechtlich und ethisch heiklen Umfeld und blieben insbesondere vom «Basler Appell gegen Gentechnologie» zu Beginn nicht von Kritik verschont. Der «Basler Appell» reagierte mit einem Communiqué auf die gestrigen Nachricht: «Sesam» sei ein «Riesenflop» und ein «Desaster für die Leitung des Projekts». «Sesam» sei an ethischen Stolpersteinen gescheitert sowie am hohen Anteil an Migranten unter den werdenden Eltern. «Sesam» beschränkte sich auf Personen, die Deutsch oder Französisch sprechen.

BaZ vom 14.3.08: «Eine verpasste Chance für Basel»

«sesam»-Leiter Jürgen Margraf sucht nach Erklärungen für das Scheitern der Studie

Interview: Markus Kocher, Stefan Stöcklin

Der Schock war gross, als die «sesam»-Leitung gestern Nachmittag die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den Entscheid informierte, die «sesam»-Kernstudie einzustellen. Wenig später trat der «sesam»-Leiter Jürgen Margraf vor die Presse.

baz: Herr Margraf, wann kam bei Ihnen die Erkenntnis, dass es Ihnen nicht gelingen wird, genügend Teilnehmerinnen für die «sesam»-Studie zu mobilisieren?

Jürgen Margraf: So richtig erst im Februar. Nachdem wir bereits im November letzten Jahres merkten, dass die Rekrutierung nicht wunschgemäss verläuft, leiteten wir korrigierende Massnahmen ein. Nachdem es im Februar erneut stockte, wollten wir mit einer Alternativstrategie reagieren, die dann aber nicht mehr zur Anwendung kam.

Worin bestand diese Strategie?

Wir wollten auch Frauen nach der Geburt des Kindes für die Studie gewinnen und uns nicht nur auf Schwangere beschränken. Wie viele Schwangere hätten Sie gebraucht, um das Projekt weiterverfolgen zu können? Für Basel waren 20 bis 25 Frauen pro Monat vorgesehen, um den wegen der langen Vorgeschichte bereits sehr eng gewordenen Zeitrahmen einhalten zu können. In den Standorten Bern und Basel einschliesslich Bruderholz wären also etwa 100 Frauen nötig gewesen. Leider ist uns das nicht gelungen.

Wie viele sind es also unter dem Strich?

Bis heute haben sich 17 Frauen entschlossen, bei der Kernstudie mitzumachen. Vier weitere haben ihre Teilnahme für heute angekündigt, und letzte Woche, nach der Berichterstattung in Ihrer Zeitung, haben sich weitere sieben Frauen gemeldet.

Betreffen die Zahlen die ganze Schweiz?

Ja, wobei in Bern das Projekt erst seit Mitte Januar läuft. Die Erfahrungen aus Bern waren für uns wichtig, um herauszufinden, ob das Projekt ausserhalb von Basel, wo «sesam» besonders kontrovers diskutiert wird, anders ankommt. Doch die Rekrutierung verlief ähnlich schleppend. Am Montag hat dann die «sesam»-Leitung den Beschluss gefasst, die Kernstudie zu sistieren.

War das ein einstimmiger Beschluss?

Ja, es waren alle Mitglieder dabei. Der Beschluss fiel einstimmig.

17 Frauen. Die Zahlen erstaunen selbst Skeptiker. Haben Sie Erklärungen für das schlechte Abschneiden?

Darüber haben wir uns natürlich auch Gedanken gemacht. Unsere Befragungen haben ergeben, dass die meisten Schwangeren vom Projekt «sesam» noch nie etwas gehört hatten. Die ganze ethische Debatte, die in den Medien gross geführt wurde, war also an ihnen vorbeigegangen und hatte kaum einen Einfluss auf ihre Entscheidung. Den meisten Frauen war der Aufwand schlicht zu gross, auch wegen der Tatsache, dass die Studie auf einen Zeitraum von 20 Jahren angelegt war. Trotzdem wäre eine positivere Berichterstattung in den Medien hilfreich gewesen.

Sie meinen, das hätte mehr Leute bewogen, an der Studie teilzunehmen?

Es hat uns indirekt geschadet, weil wir durch die Sensibilisierung viele Auflagen bekommen haben. Das hat es uns sehr schwer gemacht. Aus der Teilnehmerbroschüre zum Beispiel ist fast alles rausgenommen worden, was irgendjemanden hätte dazu motivieren können, mitzumachen.

Haben Sie die Schwangeren nicht einfach falsch eingeschätzt?

Das ist in der Tat so. Wir hätten das auch ganz anders erwartet.

Warum haben Sie denn keine Pilotstudie durchgeführt, um das auszutesten?

Das wollten wir. Die Ethikkommission wollte die Vorstudie aber erst nach der Kernstudie begutachten. So blieb zu wenig Zeit, die Erkenntnisse, die wir aus der Vorstudie gewonnen hätten, auch zu nutzen.

Ist da nicht sehr viel Geld in den Sand gesetzt worden? Unseren Berechnungen zufolge sind es 10 Millionen.

Das stimmt nicht. Bis jetzt wurden gesamthaft 8,3 Millionen ausgegeben, davon etwa 40 Prozent für die Kernstudie. Unterm Strich sind das rund 3,5 Millionen Franken, für die wir aber durchaus auch einen materiellen und wissenschaftlichen Gegenwert erhalten haben.

Wie sieht die Zukunft von «sesam» aus?

Der Antrag, die Kernstudie zu sistieren, ist gestellt. Die Teilstudien mit unabhängigen Stichproben sollen aber weitergeführt werden. Dadurch wird die ganze Anlage erheblich schlanker, was allerdings bedeutet, dass nicht alle Mitarbeiter dabeibleiben können.

Was bedeutet das Ende von «sesam» für Sie als Mensch und Wissenschaftler?

Was ich fühle, ist Enttäuschung und Trauer. Es ist wie ein Kind, von dem man sich verabschiedet. Und als Wissenschaftler denke ich, dass das eine verpasste Chance für Basel ist. Gleichzeitig ist aber auch das Gefühl da, etwas lernen zu können. Würde ich nochmals von vorne anfangen, würde ich einiges anders machen. Zum Beispiel war die Studie stark interdisziplinär angelegt – was mir persönlich eine Herzensangelegenheit ist, uns jedoch punkto Entscheidungen aber wieder unbeweglich machte. Fazit: Ich würde es deutlich schlänker halten und nicht so viele verschiedene Akteure beteiligen.



Aus für «sesam» – und wie geht es jetzt weiter?

Datenverlust
Die Kernstudie von «sesam» – eine auf 20 Jahre angelegte Untersuchung der psychischen Entwicklung von 3000 Kindern ist mangels Zuspruchs nicht durchführbar. Es bleiben aber immerhin noch einige unabhängige Teilstudien bestehen, die vom Entscheid der «sesam»-Leitung, die Kernstudie zu sistieren, nicht betroffen sind. Ob sie aber auch alle zu Ende geführt werden, ist laut «sesam»-Leiter Jürgen Margraf noch nicht entschieden. Auf gutem Kurs sind: die Teilstudien über das Befinden in der Schwangerschaft, Schwangerschaft und psychische Störungen, Neurotizismus, Blinzelreaktion, die Familienprozesse, Untersuchungen zur Präeklampsie, Studien über das autonome Nervensystem, die Entwicklung einer Datenbank sowie die Vorstudie zum autobiografischen Gedächtnis. Die bis jetzt im Rahmen der Kernstudie erhobenen Daten der 17 teilnehmenden Frauen würden nicht mehr weiter verwendet und gelöscht, sofern die Frauen dem zustimmen, so Jürgen Margraf.

BaZ vom 14.3.08: «sesam»-Studie blitzte bei Frauen ab

Die geplante Untersuchung von 3000 Kindern wird nicht stattfinden

Von Stefan Stöcklin

Das vor drei Jahren mit grossen Erwartungen gestartete «sesam»-Projekt verliert seinen Kern. Der Direktor von «sesam», der Basler Psychologe Jürgen Margraf, konnte gestern seine Enttäuschung über den Abbruch der Kernstudie nicht verbergen. Er bedaure das abrupte Ende, aber da viel weniger Schwangere als geplant an der Studie teilzunehmen bereit waren, blieb keine andere Wahl. Nur 17 Frauen konnten seit dem Start letzten Oktober zur Teilnahme gewonnen werden, gut 100 hätten es bis Ende März sein sollen. Geplant war der Einschluss von 3000 Kindern, deren Entwicklung ab der Schwangerschaft bis zum 20. Altersjahr untersucht werden sollte. Versprochen haben sich die Initianten des vom Schweizerischen Nationalfonds getragenen Forschungsschwerpunktes Erkenntnisse zur Entstehung psychischer Krankheiten, vor allem Depressionen und Angststörungen. Für den Nationalfonds als wichtigsten Geldgeber von
«sesam» ist der Abbruch der Kernstudie eine «logische Folge der Rekrutierungsprobleme», wie Dieter Imboden, der Präsident des Nationalen Forschungsrates, sagte. Der Nationalfonds hat das Vorhaben seit Oktober 2005 mit 7,5 Millionen Franken unterstützt.

Teilstudien
Mit dem Abbruch der Kernstudie, den die «sesam»-Leitung beim Nationalfonds beantragt hat, sei
zwar ein Teil dieser Gelder verloren. Unabhängig von der Hauptstudie waren aber gewisse Teilstudien wissenschaftlich durchaus erfolgreich. Diese könnten im Rahmen der allgemeinen Projektförderung auch künftig unterstützt werden, so Dieter Imboden. Vor allem werde es wichtig sein, alle Doktoranden bis zum Abschluss ihrer Dissertationen zu unterstützen. Mit dem «geordneten Rückzug», wie es Imboden formulierte, sei aber auch das Ende des Nationalen
Forschungsschwerpunktes «sesam» absehbar. Dieses Forschungsförderungsinstrument ist das umfassendste unter den Bundesmassnahmen, es gibt zurzeit 20 solche Projekte schweizweit. Laut Imboden war von Anfang an klar, dass bei «sesam» mit der Probandenzahl und ethisch schwierigen Fragen besondere Gefahren lauerten. «Wir werden die Lehren daraus ziehen», so Imboden. «Dies ist kein schöner Tag für die Universität», sagte Universitätsrektor Antonio Loprieno zu dieser
Entwicklung. Aber sie sei nicht ganz überraschend gewesen und ein «Ende mit Schrecken sei allemal
besser als ein Schrecken ohne Ende». Für die Universität ändere sich mit der «Redimensionierung von «sesam» wenig, an der strategischen Ausrichtung in den Profilierungsbereichen ebenso.

Riesenflop
Die Firma Roche, die «sesam» sechs Millionen zugesagt hatte und rund zwei Millionen bereits
bezahlt hat, will erst nach einer Analyse sagen, ob sie sich an den Teilstudien weiterhin beteilige. Als «teuren Riesenflop» hingegen bezeichnete der Basler Appell gegen Gentechnologie den Abbruch von «sesam», als Desaster für die Mitarbeitenden und die Forschungsförderungsinstitutionen.

Donnerstag, 13. März 2008

Kernstudie abgebrochen

news.ch: Die umstrittene Kernstudie des Nationalen Forschungsschwerpunkts «sesam» zur psychischen Gesundheit steht vor dem Aus: Das Leitungsgremium beantragt mangels genügender Teilnehmender beim Schweizerischen Nationalfonds die Einstellung.
sf.tv: Das angestrebte Ziel, innert zwei Jahren mehrere Tausend Studienteilnehmende zu rekrutieren, könne nicht mehr erreicht werden, teilte das «sesam»-Leitungsgremium (SEC) mit. Es sei deshalb beschlossen worden, die Einstellung der Kernstudie zu beantragen.
nzz.ch: Von der Beendigung des Projekts betroffen sind nach den Angaben von Grob an die 70 Personen, die sich in 50 Stellen teilten. Sichergestellt ist immerhin, dass 31 Doktoranden, die sich bisher mit Sesam beschäftigt hatten, ihre Arbeiten zu Ende führen können. Wie weiter zu erfahren war, sind von den für das Projekt insgesamt bewilligten 22,4 Millionen Franken bis dato 8,3 Millionen aufgebraucht worden.
Basler Appell: Die Tatsachen geben dem Basler Appell gegen Gentechnologie, Hauptkritiker der ersten Stunde, leider recht: Es war stets klar, dass schwangere Frauen nur schwerlich von der Studie zu begeistern sein würden. Zu offensichtlich sind die ethischen Stolpersteine. Der Basler Appell gegen Gentechnologie hatte diese Kritik in einer Petition mit 12"000 Unterzeichnenden zum Ausdruck gebracht ­ die SESAM-Leitung schob den Protest beiseite.
Sesam: Über die Notwendigkeit hinaus, die von der sesam Kernstudie unabhängigen Teilstudien weiterzuführen, wird die sesam Leitung gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit dem Schweizerischen Nationalfonds über das weitere Vorgehen beraten.

Montag, 10. März 2008

«Debatte» Nr. 4, März 08: Sesam öffne Dich!

Von Peter Streckeisen

Seit 2001 fördert der Bund Nationale Forschungsschwerpunkte (NFS) mit längerer Laufzeit und grösserer Finanzierung als die bisherigen Nationalfonds-Projekte. Ein umstrittenes NFS mit dem geheimnisvollen Namen „Sesam“ widmet sich der Erforschung des „Seelenheils“ von 3’000 heranwachsenden Kindern. Es wird durch den Pharmakonzern Roche unterstützt.

Die Nationalen Forschungsschwerpunkte behandeln „Themen von strategischer Bedeutung für die Zukunft der schweizerischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft“, wie es auf der Internetseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftliche Forschung (SNF) heisst.

Wer hat, dem wird gegeben
Die Auswahl der NFS folgt einem ungeschriebenen Gesetz: Berücksichtigt werden nur die Projekte, hinter denen mächtige gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Interessen stehen. Die Einhaltung dieser Regel wird durch die Vorgabe gewährleistet, dass der Bund nur Projekte bewilligt, für die sich ansehnliche „Drittmittel“ – d.h. weitere Finanzierungsquellen – auftreiben lassen. Ein Blick auf die Liste der 20 laufenden NFS (Kasten) lässt erahnen, wessen Interessen bedient werden. Es handelt sich um verschiedene Industriezweige, am Rande aber auch um Gruppen wie die NGOs (NFS Nord- Süd) oder das Hochkulturmilieu (NFS Bildkritik). Auf dieser Liste befindet sich auch ein Forschungsvorhaben, das mit viel Gespür für Marketing unter der Abkürzung Sesam präsentiert wird.

Erforschung des Seelenheils
Die Swiss Etiological Study of Adjustment and Mental Health (Sesam) verfolgt kein bescheidenes Ziel: Sie will die „menschliche Entwicklung und die seelische Gesundheit“ verstehen. Die Projektleitung beruft sich auf zunehmende Depressionen, Angststörungen, Jugendgewalt und beeinträchtigte Leistungsfähigkeit, deren Ursachen erforscht werden sollen. Es geht darum herauszufinden, warum Menschen nicht „normal“ angepasst und leistungsfähig sind, und was dagegen unternommen werden kann. Ein solches Forschungsvorhaben lässt sich politisch rechtfertigen: für die „Wettbewerbsfähigkeit“ oder für eine Senkung der Sozial- und Gesundheitsausgaben, wie die Diskussion über die Zunahme der psychischen Krankheiten bei der IV zeigt. Natürlich gibt es auch Wirtschaftsinteressen: So ist die Versicherungsbranche an „Risikoprofilen“ interessiert, um ihre KundInnen in verschiedene Kategorien einzuteilen und zu unterschiedlichen Bedingungen zu versichern. Die Pharmaindustrie sucht Erkenntnisse für die Entwicklung von Medikamenten gegen Depressionen und weitere psychische Störungen. Der Roche- Konzern hat im Februar 2006 bekannt gegeben, Sesam mit 6 Millionen Franken zu unterstützen; das ist mehr als ein Viertel der für 2005-08 budgetierten knapp 23 Millionen Franken.

Von der Schwangerschaft bis zum Erwachsenenalter
Sesam ist eine Langzeitstudie: 3'000 heranwachsende Kinder sollen ab der 20. Woche der Schwangerschaft bis zum Eintritt ins Erwachsenenalter untersucht werden. Mit einbezogen werden die Eltern und Grosseltern; insgesamt soll die Studie 15'000 Personen umfassen. Sie umfasst medizinische Abklärungen, genetische Analysen, Beobachtungen des Verhaltens von Kindern und Eltern und Umfragen mit Fragebogen. Mit der Suche nach TeilnehmerInnen wurde im Oktober 2007 am Basler Universitätsspital begonnen. Interessentinnen werden in der Schwangerschaftsberatung mit einer bunten Broschüre angelockt, auf deren Frontseite eine schwangere Frau im Jahr der Euro 08 im roten TShirt mit Schweizerkreuz posiert. „Was macht uns gesund, was macht uns krank?“ – so lautet die Überschrift. Es fehlt bei Sesam nicht an der Marketingkompetenz. Auch billige Arbeitskräfte sind vorhanden: Studierende werden als PraktikantInnen angeworben und verrichten – für ein Arbeitszeugnis – einige Monate Gratisarbeit (Fragebogen tippen, Datenfiles vorbereiten, Papiere ordnen). Andere Studierende dürfen nach Hunderten Arbeitsstunden für Sesam eine kürzere Abschlussarbeit abliefern.

Ein Wissenschaftsmanager
Das NFS Sesam ist an der Psychologischen Fakultät der Universität Basel angesiedelt. Die Leitung liegt bei Professor Jürgen Margraf – einem jungen und dynamisch auftretenden Psychologen, der sich am Verhandlungstisch oder im Scheinwerferlicht der Medien genau sowohl fühlt wie im wissenschaftlichen Labor. Er war an vorderster Front dabei, als die Psychologie kürzlich aus der Philosophisch- Historischen Fakultät austrat und eine eigene Fakultät bildete. Zu Beginn der 90er Jahre verselbständigte sich in Basel das Wirtschaftswissenschaftliche Zentrum (WWZ) und wurde rasch zu einer Bastion der „Experten“ im Dienste von Privatisierung und Sozialabbau - Silvio Borner lässt grüssen. Jürgen Margraf und seine Entourage – darunter seine Frau, die Professorin Silvia Schneider, selbst Mitglied der strategischen Leitung von Sesam – wollen die Psychologie von der Psychoanalyse und der Sozialpsychologie trennen und „naturwissenschaftlich“ ausrichten. Zudem profilierte sich Margraf als Berater des Bundesamts für Sozialversicherungen bei der 5. IV-Revision und als feuriger Anhänger der Bologna - Studienreform, bei deren Einführung seine Fakultät einer Pionierrolle beanspruchte.

Ein soziologisches Feigenblatt?
Der Schweizerische Nationalfonds führt Sesam unter Sozial- und Geisteswissenschaften und beteiligt sich dadurch an einem Etikettenschwindel, der die Legitimierung des umstrittenen Vorhabens begünstigen soll. In Wirklichkeit ist Sesam von Fachleuten aus der Medizin, den Naturwissenschaften und einer naturwissenschaftlich orientierten Psychologie dominiert. Unter den 33 Mitgliedern der Projektleitung figuriert nur eine Person, die nicht einem solchen Profil entspricht: Es handelt sich um Professor Johannes Siegrist, den Leiter des Instituts für Medizinsoziologie an der Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf. Siegrist ist mit der Theorie der „Gratifikationskrisen“ bekannt geworden: Die Wahrscheinlichkeit, krank zu werden, steigt demnach, wenn Menschen sich stark verausgaben und nicht angemessen entschädigt werden. In den 80er Jahren führte er Studien über die gesundheitsschädigenden Auswirkungen des Rauchens durch, die von der Tabakindustrie mit finanziert wurden, wie der Spiegel am 6.6.2005 berichtete. In einer Stellungnahme räumte Siegrist ein, im Nachhinein hätten sich die Kontakte zur Tabakindustrie als Fehler erwiesen und die Public Health Forschung sollte „vollkommen unabhängig von Industrieinteressen“ erfolgen. Weiss er nicht, dass Sesam durch den Roche-Konzern gesponsert wird? Ist Big Pharma harmloser als die Tabakindustrie?

„Ganzheitlich“ oder „sozialistisch“?
In einem Interview mit der NZZ am Sonntag (11.6.2006) trug Jürgen Margraf ein Loblied auf die Interdisziplinarität vor und versteifte sich zur Behauptung, Sesam könne als „ganzheitlich“ bezeichnet werden, da zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen beteiligt seien. Angesprochen auf den von KritikerInnen formulierten Vorwurf eines „reduktionistischen Menschenbildes“ reagierte er ungehalten und meinte, das Projekt sei nicht „biologistisch“, nur weil BiologInnen dabei seien. Daraufhin fragte er rhetorisch zurück: „Wir haben Soziologie dabei – sind wir deswegen sozialistisch?“ Dass der „Sozialismus“ in Margrafs Konzept von Interdisziplinarität keinen Platz hat, überrascht nicht. Man fragt sich aber, was er unter Soziologie versteht.

Ethik und Genetik
In einer breiten politischen und wissenschaftlichen Öffentlichkeit ist Sesam auf Kritik gestossen. Neben dem Vorwurf wissenschaftlicher Einseitigkeit werden ethische Bedenken vorgetragen. Der Basler Appell gegen Gentechnologie lancierte eine Petition, die im März 2006 mit 12‘000 Unterschriften eingereicht wurde. Sie fordert den Abbruch des Forschungsvorhabens, da es sich um „fremdnützige Forschung an Kindern“ handle, wofür in der Schweiz keine rechtliche Grundlage existiere; als problematisch werden insbesondere die Erbgutanalysen betrachtet. In der Tat sind das eidgenössische Humanforschungsgesetz und ein Verfassungsartikel dazu zurzeit in der Vernehmlassung und werden nicht vor 2010 in Kraft treten. Ausserdem fordert der Basler Appell eine Akteneinsicht – insbesondere sollen der Inhalt der Projektskizze, das Sesam- Hauptgesuch sowie die Verträge von Sesam mit dem Schweizerischen Nationalfonds und mit Roche öffentlich zugänglich gemacht werden, damit eine ernsthafte Diskussion über das Projekt ermöglicht wird. Sogar die SP Basel- Stadt fühlte sich veranlasst, ein „kritisches“ Positionspapier zu verfassen: Darin wird zwar grundsätzlich begrüsst, dass Sesam als NFS bei der Universität Basel angesiedelt worden sei, doch bemängelt die SP die Informationspolitik der Projektleitung, mahnt die Rücksichtnahme auf ethische Bedenken an und wünscht sich eine engmaschige Kontrolle durch die zuständige Ethikkommission.

Ein helvetischer Kompromiss
Im März 2007 erteilte die Ethikkommission Beider Basel (EKBB) grünes Licht für den Start von Sesam, allerdings unter Auflagen; insbesondere sollte auf die genetischen Analysen bei Kindern verzichtet werden. Damit war ein zentraler Bestandteil des Forschungsvorhabens in Frage gestellt und es wurde gemunkelt, Roche könnte die Unterstützung zurückziehen. Der Projektleitung gelang es, den Entscheid abzuschwächen: Die Ethikkommission erlaubt nun die Entnahme von Speichelproben nach der Geburt, um die DNA zu bestimmen. Diese Proben dürfen aber erst untersucht werden, wenn die volljährig gewordenen Kinder zustimmen. Bis dann werden sie eingefroren und in einer Biodatenbank aufbewahrt, deren Inhalt Sesam nicht ohne Rücksprache mit der EKBB verwenden soll. In einem Interview mit der Aargauer Zeitung (28. März 2007) betonte Jürgen Margraf, er könne mit diesem Kompromiss gut leben, weil sich Korrelationen zwischen Erbgut und Krankheiten erst im Erwachsenenalter zeigten. Und „bei den 12‘000 Erwachsenen können wir die DNA-Analysen sofort durchführen“.

Das Gen und die Umwelt
Die Projektverantwortlichen betonen, das Ziel bestehe nicht darin, ein Gen zu finden, das Depressionen oder Gewaltneigung verursacht; vielmehr gehe es darum, wie die psychischen Störungen sich im Zusammenspiel von Erbgut und Umwelteinflüssen entwickelten. Soziale Umstände, Familienstrukturen, Lebensstile und Verhaltensweisen der El tern – zum Beispiel die (mangelnde) „Feinfühligkeit der Mutter“ – könnten sich als ebenso wichtig erweisen wie genetische Faktoren. Doch wenn es Menschen in einer Gesellschaft schlecht geht, kann auf zwei Weisen darauf reagiert werden: durch Anpassung und Therapierung der einzelnen Menschen (eventuell der Familie, des unmittelbaren Umfeldes) oder durch Veränderungen der Gesellschaftsstrukturen. Es ist jetzt schon klar, in welche Richtung die Empfehlungen des Sesam- Projekts weisen werden, wenn die Ergebnisse vorliegen. Sie werden sich pseudowissenschaftlich auf eine Datenbank mit vielfältigen Angaben über 15‘000 Menschen beziehen, die im Verlauf von 20 Jahren gesammelt wurden. Die ideologische Wirkungsmacht des „akademischindustriellen Komplexes“, von dem Sesam nur einen Ausschnitt darstellt, sollte nicht länger unterschätzt werden.

Die 20 Nationalen Forschungsschwerpunkte

1. Emotionen im individuellen Verhalten und in sozialen Prozessen
2. Bildkritik – Macht und Bedeutung der Bilder
3. Computerunterstützte und bildgeführte medizinische Eingriffe
4. Herausforderungen an die Demokratie im 21. Jahrhundert
5. Bewertung und Risikomanagement im Finanzbereich
6. Grenzen in der Genetik
7. Interaktives Multimodales Informationsmanagement
8. Variabilität, Vorhersehbarkeit und Risiken des Klimas
9. Materialien mit neuartigen elektronischen Eigenschaften
10. Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen: Historische
Perspektiven
11. Mobile Informations- und Kommunikationssysteme
12. Molekulare Onkologie
13. Nanowissenschaften
14. Plastizität und Reparatur des Nervensystems
15. Nord-Süd – Forschungspartnerschaften zur Linderung von Syndromen des globalen Wandels
16. Überlebenserfolg von Pflanzen in naturnahen und landwirtschaftlichen Ökosystemen
17. Quantenphotonik
18. Schweizerische ätiologische Studie zur psychischen Gesundheit
(Sesam)
19. Strukturbiologie
20. Rahmenbedingungen des internationalen Handels

Donnerstag, 6. März 2008

Ist SESAM vor dem Aus?

Im Morgeninfomagazin "Heute Morgen" auf Radio DRS berichtete Christian Heuss am 6. März 2008 (Dauer 2 Min.):









Das ausführlichere Gespräch (rund 7 Minuten) mit Christian Heuss am 6.3. auf DRS4news, in dem ein Aspekt zur Sprache kommt, der im baz-Artikel ganz fehlt: der mögliche Rückzug der Finanzierung durch Roche (6 Millionen), wenn bis Ende März nicht rund 300 Frauen "rekrutiert" sind. Diese Zahl ist kaum zu erreichen.










gleichentags schreibt die baz auf der Frontseite:

Schwangere lassen "sesam" zappeln - Das Forschungsprojekt sucht in Basel dringend Teilnehmerinnen

Das nationale Forschungsprojekt "sesam" kommt nicht in die Gänge. Seit einem halben Jahr wird in mehreren Spitälern der Schweiz nach Freiwilligen für die Langzeitstudie gesucht, darunter auch in der Basler Frauenklinik. 3000 Kinder sind nötig, die schon im Mutterleib und bis ins 20. Lebensjahr periodisch auf ihre psychische Entwicklung hin untersucht werden sollen. Doch die Verantwortlichen haben ein Problem: Die Rekrutierung von Schwangeren ist weitaus schwieriger als erwartet. «Es läuft nicht wie gewünscht», bestätigt « sesam »-Sprecher Daniel Habegger.

Von den 5,5 Kindern, die pro Tag durchschnittlich im Basler Frauenspital geboren werden, erfüllt nur etwa eines die Anforderungen für das Prozedere – dazu gehören sehr gute Deutsch- oder Französischkenntnisse der Eltern. Eine kleine baz-Umfrage unter Frauen zeigt zudem, dass die Kontaktaufnahme teilweise als «ungeschickt und etwas plump» empfunden wird. Wie gross die Zahl der bisher verpflichteten Teilnehmerinnen ist, soll nächste Woche an einer Medienorientierung bekannt gegeben werden. Es wird erwartet, dass die Projektleitung organisatorische Anpassungen vornimmt, mit denen auf die Entwicklung reagiert werden kann. Eine Massnahme wäre, Frauen auch in anderen Spitälern oder bereits in der Arztpraxis anzusprechen.

Basler Zeitung, 06.03.2008, Seite 11

Das "sesam"-Tor klemmt - Das nationale Forschungsprojekt bekundet grosse Mühe, Teilnehmerinnen zu finden

von Markus Kocher

Für die « sesam »-Studie suchen die Forscher 3000 Schwangere, um deren Kinder bis ins 20. Lebensjahr regelmässig zu untersuchen. Damit soll die Entstehung psychischer Krankheiten besser verstanden werden. Doch die Studie hat Startschwierigkeiten, da zuwenig Probandinnen mitmachen.

Um das Grossprojekt « sesam » steht es nicht gut. Ein halbes Jahr nach dem offiziellen Start der Kernstudie in Basel hat sich unter den Verantwortlichen Ernüchterung breitgemacht. Das Problem: Die Rekrutierung der Teilnehmerinnen gestaltet sich sehr schwierig, nicht nur in Basel. «Es läuft nicht wie gewünscht», sagt « sesam »-Pressesprecher Daniel Habegger. Bewilligt wurde die Studie auch in Zürich und Bern. In Genf und Lausanne stehen die Entscheide zur Durchführung hingegen noch aus.

Insgesamt werden für die Kernstudie rund 3000 Schwangere gesucht, deren Kinder ab der 20. Schwangerschaftswoche und bis ins 20. Lebensjahr periodisch untersucht werden sollen. Erforscht werden soll auch das nähere familiäre Umfeld der Probanden. Beteiligen sich ausser dem Kind und der Mutter wie erwünscht auch der Vater sowie die Grosseltern der Kinder, wächst die Zahl der Beteiligten auf rund 15 000 Personen an. Mit den erhobenen Daten soll ein tieferes Verständnis für die Entwicklung der psychischen Gesundheit sowie für die Entstehung psychischer Krankheiten wie Depressionen und Angststörungen gewonnen werden.

KEINE HANDVOLL. Unbestätigten Informationen zufolge gibt es in Basel bislang «keine Handvoll Leute», die an der Studie mitmachen wollen. Zu diesen Angaben will Habegger keine Stellung nehmen. Am 13. März plant die « sesam »-Leitung jedoch, öffentlich über den Stand des Projekts zu orientieren. Erwartet werden organisatorische Anpassungen: Um mehr Frauen anzusprechen, dürfte der Einbezug weiterer Spitäler im Vordergrund stehen. In Basel werden derzeit nur Besucherinnen der Frauenklinik zur Studie eingeladen.

An der Teilnehmerzahl von 3000 Kindern soll nichts geändert werden. Die gewünschten Änderungen seien als «unbedenklich» abgesegnet worden, sagt André Perruchoud, der Präsident der für die ethische und juristische Begleitung des Projekts zuständigen Ethikkommission beider Basel (EKBB).

Nicht überrascht. Perruchoud ist vom harzigen Verlauf nicht überrascht. Die zahllosen kontroversen Diskussionen rund um Datenschutz, Gentests und Haftungsfragen hätten viele Leute vorab in Basel als dem Ausgangsort der Studie gegen das Projekt eingenommen, sagt er. Doch spielt laut Habegger dieser «politisch-ethische Hickhack überraschenderweise keine Rolle». Die meisten Angefragten würde der absehbare Aufwand abschrecken. Probleme bereitet auch die Sprachbarriere. Da die Studie nur in Deutsch und Französisch durchgeführt wird, müssen in einer dieser Sprachen gute Kenntnisse vorhanden sein. Dadurch werde die Anzahl möglicher Teilnehmerinnen eingeschränkt, bedauert Habegger.

Fragen wirft die schlechte Bilanz von « sesam » auch in finanzieller Hinsicht auf. «Die Verzögerung ist natürlich nicht ideal», sagt Alan Knaus vom Schweizerischen Nationalfonds, der die Studie zum Grossteil finanziert. Über das weitere Vorgehen und die Finanzierung der zweiten Phase (2009–2012) wird der Geldgeber aber erst nach einer Beurteilung durch ein internationales Expertenteam im Herbst entscheiden. Für die Phase 2005–2008 steuert der Nationalfonds 10,2 Millionen Franken bei. Weitere 12,5 Millionen kommen von der Uni Basel als Heiminstitution, von beteiligten Kliniken sowie der Roche.

in der Kritik. Die nationale Gesundheitsstudie mit dem so geheimnis- wie verheissungsvoll klingenden Namen kämpfte von Beginn weg mit erheblichen Schwierigkeiten. So musste der Start zum 20 Jahre dauernden Projekt mehrmals hinausgeschoben werden. Es hagelte Kritik, unter anderem vom Basler Appell gegen Gentechnologie. Die EKBB verfügte im März letzten Jahres einen Verzicht auf DNA-Tests an Kindern – eine empfindliche Einschränkung. Ende Juli 2007 gab die Ethikkommission die Studie schliesslich frei. Seit dem 1. Oktober ist « sesam » offiziell auf der Suche nach Schwangeren.

Kasten auf Seite 11:

Die meisten Frauen haben ethische Bedenken

Unbehagen. Die grosse Mehrheit der Frauen will offenbar von « sesam » nichts wissen. Seit Oktober 2007 versuchen Fachleute, Schwangere oder Mütter für ein Mitmachen an der Langzeitstudie zu gewinnen. In den allermeisten Fällen bleiben die Gespräche fruchtlos. Die baz hat einige Frauen nach den Gründen für die Zurückhaltung gefragt (sie äussern sich anonym, ihre Namen sind der Redaktion aber bekannt). Ein wichtiger Einwand ist ethischer Natur: «Wie soll man wissen, was das Kind einmal davon denkt, dass es beobachtet wird» und «Ich will einen solchen Entscheid nicht für jemand anderen fällen» – solche Aussagen machen das Dilemma deutlich. Auch wird zum Teil Mühe mit der Vorstellung bekundet, in «einer Statistik zu landen, welche die eigene Realität im Endeffekt gar nicht abbilden kann». Auch das Unbehagen, zu viel von sich preisgeben zu müssen, wurde als Grund genannt. Mühe bereitete auch die Art der Kontaktaufnahme. Teilweise wurde das Vorgehen als «ungeschickt und etwas plump» empfunden. «Je nach Verfassung der Frau kann das eine ziemliche Zumutung sein», sagte eine Frau, die am Tag nach der Geburt für die Teilnahme an einer Sesam -Vorstudie angefragt wurde.
Doch es gibt auch positive Rückmeldungen: «Ich bin dabei, weil die Resultate aus der Studie später einmal anderen helfen können», sagt die Mutter eines Sohnes. Ob sie mitgemacht hätte, wenn die Studie wie ursprünglich geplant an DNA-Untersuchungen gekoppelt gewesen wäre, kann sie nicht sagen: «Es hätte mich aber sicher mehr aufgewühlt.» Soeben hat sie eine Art Tagebuch abgeschlossen, in das während zwei Wochen regelmässig Angaben zum Schlaf- und Wachrhythmus, Körperkontakt und weitere Beobachtungen eingetragen werden mussten. Der Aufwand halte sich in Grenzen: Die nächste Untersuchung kommt erst wieder, wenn das Kind sechs Monate alt ist.


Und übrigens: Bei Radio DRS existiert ein Dossier zu "Sesam" auf der Webseite.

Freitag, 19. Januar 2007

baz über Schweizers sesam-Gutachten

Die Basler Zeitung schreibt heute:

Rechtsgutachten stützt «sesam»

Für den Nationalen Forschungsschwerpunkt «sesam» hat der Jurist Rainer J. Schweizer ein Rechtsgutachten zwecks Klärung der offenen juristischen Fragen verfasst. Gestern gab die «sesam»-Leitung einer ausgewählten Gruppe von Politikerinnen und Medien Einsicht.

Das Forschungsprojekt «sesam» hat zum Ziel, bei 3000 Kindern Vorgänge zu untersuchen, die zu psychischen Störungen - im Fokus sind vor allem Depressionen - führen. Die Kinder sollen vorgeburtlich erfasst und bis ins Alter von 20 Jahren verfolgt werden. Das vom Bund finanzierte Vorhaben stellt eine Reihe juristisch heikler Fragen, über die in der baz verschiedentlich berichtet wurde. Dazu gehört u.a. die Zulässigkeit der Forschung an nicht einwilligungsfähigen Kindern, die Frage der Entnahme genetischer Proben, der Datenschutz und Haftungsfragen, aber auch das Bewilligungsverfahren an sich.

Zu diesen Fragen hat die «sesam»-Leitung beim Juristen Rainer J. Schweizer im März 2006 ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses stand bisher nur einem kleinen Kreis zur Verfügung, was verschiedentlich kritisiert wurde. Gestern nun hat die «sesam»-Leitung ausgewählten Basler Politikern (u.a. Anita Fetz, SP; Margrith von Felten, Grünes Bündnis) und Medien das Dokument auszugsweise vorgestellt. Der Verfasser identifiziert darin elf Problemkreise, die er vor dem Hintergrund der bestehenden internationalen, nationalen und kantonalen Regelungswerke und Gesetze würdigt. Darin geht es nebst den oben erwähnten Punkten auch um die juristische Zuständigkeit der Ethikkommission beider Basel (EKBB).

Schweizer nahm gestern zu zwei Kontroversen detaillierter Stellung: Aus seiner Sicht ist die Forschung an nicht einwilligungsfähigen Kindern in diesem Fall rechtlich zulässig. Eine Rechtfertigung könne aus der Bundesverfassung (Artikel 11) abgeleitet werden. Im Weiteren misst er auch den Eltern das Recht zu, die Forschung an ihren Kindern zu erlauben. Schweizer hält «sesam» juristisch gesehen für durchführbar, wobei am besten ein «Reglement» verfasst werden sollte, welches für alle Vorhaben auflistet, was wie und wann getan werden dürfe und was nicht. Zunächst müsse nun abgewartet werden, wie die Ethikkommission das Vorhaben beurteilt. Alexander Grob, stellvertretender Direktor von «sesam», betonte gestern einmal mehr, dass man sich an dieses Verdikt halten werde.

Gegenwärtig beugt sich die EKBB über das Projekt. Ende Oktober 2006 wurde das Gesuch eingereicht, die Kommission hat darauf innerhalb eines Monats eine erste Stellungnahme abgeliefert. Seither hat es Treffen mit der «sesam»-Leitung gegeben; verlangt wurden Präzisierungen. Der Entscheid dürfte in einigen Wochen vorliegen. Der gestrige Anlass fällt somit in die heisse Phase der Arbeit der EKBB. Die «sesam»-Verantwortlichen wiesen den Verdacht zurück, man versuche nun, die Kommission in irgendeiner Weise unter Druck zu setzen. Man wurde aufgefordert, Transparenz zu schaffen und habe dies getan. Der «sesam»-kritische Basler Appell gegen Gentechnologie wurde allerdings nicht eingeladen, was dieser gestern per Communiqué kritisierte.

basellandschaftliche über Schweizers sesam-Gutachten

Die basellandschaftliche Zeitung schreibt heute:

Das Nationale Forschungsprojekt «Sesam» legt ein juristisches Gutachten vor

Seit eineinhalb Jahren sieht sich der Nationale Forschungsschwerpunkt «Sesam» der Universität Basel mit Kritik konfrontiert (die bz berichtete schon mehrmals). Unter anderem wurde der Vorwurf laut, die geplante Forschung ohne direkten Nutzen für die Teilnehmenden verstosse in der Schweiz gegen die Verfassung bzw. gegen die Grundrechte von Kindern und sei verboten. Weiter behaupten die Gegner, die geplanten Untersuchungen stellten einen Tabu-Bruch in Richtung unethischer Forschung dar.

Auf diese Vorwürfe haben die «Sesam»-Verantwortlichen reagiert und vergangenes Jahr ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Nun liegen erste Ergebnisse vor. Sie wurden gestern ausgewählten Personen präsentiert. Dazu zählten Ständerätin Anita Fetz, Sibylle Schürch, Geschäftsführerin der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin, sowie die Grossrätinnen Beatrice Alder und Margrith von Felten (beide Grünes Bündnis). Sie hatten im Dezember, anlässlich eines von der SP Basel-Stadt organisierten Podiums über «Sesam», nach dem Gutachten gefragt und Transparenz der rechtlichen Situation des Projekts gefordert.

Für Transparenz wollte man seitens von «Sesam» nun sorgen. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. Rainer J. Schweizer aus St. Gallen, das wie gesagt die rechtlichen Grundlagen von «Sesam» abklärt, geht hervor: Es gibt keine gravierenden rechtlichen Hürden für das Projekt. Das Gutachten besagt ganz klar: «Drittnützige Forschung an Kindern ist nicht grundsätzlich verfassungswidrig.» Es wird aber darauf verwiesen, dass Forschung an Kindern besonders strenge Voraussetzungen fordere: Die Untersuchung dürfe nur minimale Risiken und Belastungen für die Untersuchten bringen, und die Erforderlichkeit der Forschung müsse nachgewiesen sein.

Eltern dürfen einwilligen

Dass die Kinderforschung bis anhin vernachlässigt worden ist, haben die «Sesam»-Verantwortlichen von Anfang an betont. Ebenso die Tatsache, dass 48 Prozent aller Menschen einmal im Leben mit psychischen Problemen kämpfen. 50 Prozent davon seien Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren.

Aus dem Gutachten von Schweizer geht in diesem Sinne hervor, dass der Staat nicht nur Kinder zu schützen habe, sondern auch verpflichtet sei, deren Entwicklung zu fördern. Etwa indem er Forschungsprojekte unterstütze, die eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Kinder anstrebe. Diese Pflicht werde durch Artikel 24 der Kinderrechtskonvention noch verdeutlicht.

Widerlegt wird durch das Gutachten auch, dass Eltern keine Befugnis haben, in Forschung ohne direkten Nutzen für ihre Kinder einzuwilligen. Sie dürfen einwilligen, aber nur in Forschung, die vom Staat respektive einer Ethikkommission geprüft worden ist.

Wem glauben?

Letzteres ist im Tun. «Sesam» liegt bei der Ethikkommission beider Basel. Ihre Zustimmung ist für die Glaubwürdigkeit von «Sesam» in der Öffentlichkeit von zentraler Bedeutung, dies ist den «Sesam»- Verantwortlichen sehr bewusst. Sie haben sich deshalb auch verpflichtet, die Auflagen und Bedingungen der Kommission zu erfüllen. «Wir werden alle Entscheide akzeptieren», bestätigt «Sesam»-Sprecher Daniel Habegger der bz. Erwartet wird ein Bescheid im Frühjahr.

Zu diesem Zeitpunkt hinkt man dann mindestens eineinhalb Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan her. Nebst den kritischen Diskussionen ein weiterer Punkt, der «Sesam» nicht ins gewünschte positive Licht rückt. Zum ersten Mal geben die «Sesam»-Verantwortlichen auch zu, die Komplexität, die Grösse des ganzen Forschungsschwerpunktes unterschätzt zu haben. Das alles zusammen mache die Öffentlichkeit unsicher, weiss Habegger. So würde der Inhalt immer mehr in Frage gestellt und nicht nur Fragen zur Umsetzung gestellt.

Und bereits meldet sich auch schon der «Basler Appell gegen Gentechnologie» - der hartnäckigste Kritiker von «Sesam» - mit neuen Zweifeln. Er fragt sich, wieso ein Gutachten von Kurt Seelmann, Rechtsprofessor an der Universität Basel, zu ganz anderen Schlüssen komme als jenes von Schweizer.

Hierauf erklärt Habegger, Schweizer sei eine angesehene Kapazität. Und er erinnert daran, dass der Nationale Forschungsschwerpunkt von Nationalfonds, Bundesrat und internationalen Experten evaluiert und gutgeheissen worden ist. Und alle Genannten nach wie vor dahinter ständen.

Update

Im März 2005 jubelte die Uni Basel über ihren neuen Nationalen Forschungsschwerpunkt «Sesam». Die Studie will 3000 Kinder, deren Eltern und Grosseltern von der Schwangerschaft an rund 20 Jahre begleiten. Sie soll Aufschluss geben über die seelische Gesundheit der Bevölkerung. Die Kosten (bis 2009) sind auf 17 Millionen Franken veranschlagt, der Bund zahlt 10 Millionen. In einer Petition hat der «Basler Appell gegen Gentechnologie» 12 000 Unterschriften «gegen die Forschung an Kindern» gesammelt.

Freitag, 10. November 2006

SESAM liegt bei der EKBB auf dem Tisch

Stefan Stöcklin heute in der Basler Zeitung auf Seite 15:

Gesuch für «sesam» eingereicht

Seit Mitte dieser Woche ist es auf der Webseite von «sesam» nachzulesen: Per 31. Oktober hat die Projektleitung die Hauptstudie des Nationalen Forschungsschwerpunktes «sesam» bei der Ethikkommission beider Basel (EKBB) eingereicht › still und leise unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nach langen Verzögerungen kann sich die EKBB somit an die Arbeit machen und das kontrovers diskutierte Projekt begutachten (vgl. baz vom 25. August 2006). Bewilligt wurde der Forschungsschwerpunkt vom Nationalfonds bereits im März 2005.
Die Expertenkommission wird die Vereinbarkeit der Studie, welche die psychische Entwicklung von 3000 Kindern ab der 12. Schwangerschaftswoche bis zum 20. Altersjahr verfolgen will, mit den ethischen Prinzipen für die Forschung am Menschen prüfen und über die Zulässigkeit entscheiden. Im Zentrum von «sesam» steht die Ursachenforschung für Depressionen und Angststörungen.
Bis ein Entscheid der EKBB vorliegt, dürften nochmals Wochen, allenfalls Monate vergehen. Zu den Terminen will man sich bei der EKBB nicht äussern, zugesichert ist bis Ende November eine «erste Einschätzung». Zu rechnen sei angesichts der Komplexität aber mit zusätzlichen Expertengutachten. Auf Seiten von «sesam» äussert man sich diesbezüglich zurückhaltend. Der stellvertretende Direktor, Prof. Alexander Grob sagt nur: «Die Entscheidungsgrundlagen sollten vorliegen.» Man gehe aber davon aus, dass frühestens nächsten Frühling mit der Rekrutierung von Schwangeren begonnen werden könne, wie Sprecher Daniel Habegger sagt. Der Einreichung gingen monatelange Abklärungen voraus. Es stellte sich heraus, dass das Projekt trotz der Zusage durch den Nationalfonds auf der juristisch-ethischen Seite schwach abgestützt war. Besonders die Frage der Zuständigkeit der Ethikkommissionen war unklar, da mehrere Forschungsgruppen in verschiedenen Kantonen beteiligt sind, eine eidgenössische Kommission aber fehlt. Die nationale Ethikkommison im Bereich Humanmedizin hat nur eine beratende Aufgabe. Eine ethische Begutachtung ist aber nötig, damit die Studie starten kann.
Zudem bewegt sich «sesam» an der Schnittstelle Psychologie/Medizin, die kantonalen Ethikkommissionen haben in der Regel aber kein Mandat für die Prüfung psychologischer Forschung. Das führte anfänglich zu Unstimmigkeiten zwischen der «sesam»-Leitung und der EKBB. Unterdessen seien diese Fragen geklärt. «Wir haben die EKBB für zuständig erklärt», sagt Grob. «Und wir haben ein gutes Einvernehmen.»
Bei der Einreichung der Unterlagen sei die ganze Projektleitung von «sesam» anwesend gewesen. EKBB-Präsident Hans Kummer habe die Unterlagen persönlich in Empfang genommen. Die EKBB hat auch aufgerüstet und beschäftigt neu eine Psychiaterin. Zudem wurde ein Psychologe der Universität Basel als Berater beigezogen, dessen Name aber nicht bekannt gegeben wird.
Jetzt liegt der Ball bei der EKBB, die das Projekt auf allfällig unzulässige Projekte abklopfen muss und Auflagen machen kann. Im Zentrum geht es um die Abwägung von Risiken und Nutzen der Forschung an unmündigen, nicht urteilsfähigen Kindern, ein unter Spezialisten heiss diskutiertes Feld. Klare Antworten gibt es nicht. Die Kernstudie wird daraufhin geprüft werden müssen, ob sie die Kinder in ihrer Entwicklung in irgend einer Form behindern könnte. Dazu gehören unter anderem die Ultraschalluntersuchungen und ihre Analysen, die Befragungen der Familien oder die genetischen Studien. Auch setzt die lange Zeitdauer des Vorhabens von 20 Jahren hohe Hürden für eine umfassende ethische Bewertung.
«sesam»-Direktor Jürgen Margraf war für eine Stellungnahme gestern nicht erreichbar. «Herr Margraf schreibt an einem Buch und ist in Klausur», sagte die Sekretärin.
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Sesam Watch

Beobachtungen und Notizen zum Schweizer NCCR "Sesam", der 3'000 Kinder und ihr Umfeld vom ersten Ultraschallbild an 20 Jahre lang beobachten wollte (vorzeitiger Abbruch: 13.3.08). Autonom, skeptisch, ehrenamtlich. Kontakt: sesamwatch@gmail.com

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